Game Thread (IC)

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Idrasmine
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Re: Game Thread (IC)

Post by Idrasmine » Sat Sep 08, 2018 4:15 pm

Das Madamal ist so groß und unglaublich hell. Ist es möglich, dass es Dere so nahe kommt? Dass es den Nachthimmel von einem Horizont zum anderen bedeckt?
Silbriges Licht liegt wie Raureif über den Baumwipfeln, die sich endlos weit erstrecken. Ganz unten, wo sich das Mondlicht auf den kalten Boden ergießt, ist die Luft bläulich-weiß und getrübt. Die Bäume stehen abweisend da wie Soldaten mit Lanzen, Standarten und breiten gepanzerten Rücken, eine urwüchsige Armee, die sich vor der schwarzen Masse abzeichnet und wirkt, als wäre sie einstmals vorangestürmt und dann erstarrt, als wäre ein grausiger Vormarsch oder ein Rückzug jäh zu einem Ende gekommen. Aber sie weichen vor diesem Platz zurück, meiden ihn. Die breiten Stämme der uralten Bäume und die Wände aus dicht geflochtenem Unterholz scheinen sich an den Rand der Lichtung zurückzuziehen, und von dort aus umkreisen sie das verloren wirkende, ausgeblichene und schmutzige Zelt. Nur hohe Gräser und Kräuter wagen sich auf diesen Platz.
Und was hängt da von den Bäumen herab, breitet sich an den schwarzen Rändern des wuchernden Holzes aus wie Wäschestücke, die vom Wind hierhergeweht und von den ziellos in die Luft ragenden Ästen und Zweigen aufgefangen wurden? Irgendetwas flattert da. Vielleicht verloren gegangene Hemden, die von den Ästen durchlöchert und zerrissen wurden. Vermisste Kleidungsstücke mit zerfetzten Ärmeln. Es sind drei Stück, von denen jeweils vier zerfranste Beine herabbaumeln, die aussehen wie Leggins oder lange Unterhosen, die man dort hingehängt hat. Und alle total verdreckt.
Häute, die man von toten Tieren abgezogen hat. Abgeschält und nach oben geschleudert, damit sie dort hängen wie Fahnen oder Banner, ausgerechnet an diesem Ort, an dem ihr Zuflucht gesucht habt.
Und jetzt bewegt sich etwas durch den kaum wahrnehmbaren dunklen Raum hinter der vordersten Baumreihe. Holz knackt und splittert, als es da entlangläuft, irgendwo dort drüben, aber doch unsichtbar.
Es trabt hin und her am Rand der von Büschen gesäumten Lichtung und kündigt sein Kommen mit einem jaulenden Ton an, der gelegentlich in einer Art Bellen gipfelt und aufsteigt in die eisige Klarheit des indigo-schwarzen Himmels. Ein Schrei, der schon ertönte, lange bevor du hier gestanden hast, ganz allein und zitternd.
Es versucht, dir etwas mitzuteilen.
Es will dir sagen, dass du hier auf es warten kannst und zuschauen sollst, wie es sich blitzschnell aus den Bäumen löst. Oder du kannst versuchen zu entkommen, ganz langsam auf kraftlosen Beinen. Flieh nach draußen, durch das stachelige und dornige Gestrüpp des wuchernden Waldes. Hinein in die bereitstehende Armee, die sich dort postiert hat und dich durch ihre Reihen nicht entkommen lassen wird.
Es muss ziemlich groß sein, denn sogar Äste, die weit über dem Boden hängen, bewegen sich jetzt direkt vor dir. Einige werden beiseitegedrückt, andere schnellen zurück und bleiben zitternd oben hängen. Dort aus den silbrig schimmernden Blättern kommt das tiefe kehlige Grunzen. Es klingt beinahe wie eine Stimme, aber nicht wie etwas, das man verstehen könnte. Hündisches Jaulen, das Keuchen eines Bullen, die Schreie eines Schakals. Sein Atem verbreitet nebligen Dunst zwischen den Zweigen, und noch immer kannst du nicht mehr erkennen als eine Ahnung von etwas Langem und Schwarzem, das sich flink zwischen den Büschen und Stämmen bewegt.
Es duckt sich näher an den Erdboden, bereit sich zu zeigen.
Dann ist die Luft erfüllt mit lautem Schreien, aber nicht die kalte Luft hier bei ihr, das merkt Praiala jetzt, sondern die Luft dort draußen in der Welt jenseits ihres Alptraums. Dort, wo gerade etwas noch viel Schlimmeres passiert.

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Re: Game Thread (IC)

Post by Idrasmine » Sat Sep 08, 2018 5:34 pm

Zuerst hört Praiala Schreie aus der Ferne, noch in ihrem Traum. Und dann breitet sich der Schrecken eines anderen überall um sie herum aus. Sie liegt da mit aufgerissenen Augen und starrt zu den dunklen Zweigen über ihr.
Noch völlig benommen vom tiefen Schlaf, aus dem sie jäh gerissen wurde, denkt sie zuerst, es wäre das Beste, einfach ruhig liegen zu bleiben und abzuwarten, bis die Unruhe geendet hat. Doch das hysterische, vollkommen irre Gebrüll hört nicht auf. Der grauenhafte Klang eines Menschen, der von seiner eigenen Panik und der Angst vor der totalen Vernichtung völlig aufgerieben wird, beherrscht die gesamte Umgebung, und es ist kaum mehr möglich, so dicht daneben einen klaren Gedanken zu fassen.
In der eisigen Dunkelheit bemerkt Praiala erschrocken, dass die entsetzlichen Geräusche wahrscheinlich aus dem Zelt kommen. Und zwar von Ron.
In ihren Ohren klingt es, als würde dort jemand gewaltsam von seinem Lager gezerrt. Hinzu kommt ein Geräusch wie von Stoff, der in lange Fetzen gerissen wird, und von Büschen, auf die jemand einprügelt.
Praiala richtet sich ruckartig auf und sucht nach ihrem Sonnenszepter. Dann tastet sie nach ihrer Sturmlaterne, kann sie aber nicht finden. Schließlich gibt sie die Suche auf und bemüht sich vergeblich etwas zu erkennen.
Da sie nichts sehen kann hält sie inne und lauscht. Auch Ron's Heulen hört schlagartig auf. Alles ist vollkommen still. Dann jedoch durchbricht Ron's jähes schmerzerfülltes Brüllen das Schweigen. Es ist, als würde jemand aufschreien in einem Todeskampf, der so brutal ist, dass den Zuschauern dabei übel wird. Daraufhin folgt etwas, das wie ein kindliches Wimmern klingt und bald wieder verstummt.
Das Geräusch eines schweren Körpers, der sich dicht über dem Boden vom Zeltplatz fortbewegt, ist zu hören, etwas hastet in den Wald hinein und sprengt dabei sämtliches Gehölz beiseite, das im Weg steht, oder trampelt es platt, bis es mit rasender Geschwindigkeit verschwunden ist und Stille einkehrt, die nur durch den sanften Regen gestört wird, der auf die Blätter der umstehenden Bäume rieselt. In dieses Schweigen mischen sich eigenartige Vogelstimmen und Schreie von Tieren, als hätten die Kreaturen dort draußen in der Nacht mitbekommen, was für ein grausiges Ereignis das Lager heimgesucht hat, und würden nun aufgeschreckt nach den Überlebenden rufen, die nach dem Angriff in den Trümmern übrig geblieben sind.
Praialas Finger ertasten ihr Zunderkästchen.
Während sie es aus ihrer Tasche hervorfummelt hört sie Quin's rhythmischen keuchenden Atem. Er klingt wie jemand, der kurz vor dem Ersticken ist oder an einem Herzanfall leidet.
Um sie herum in der schwarzen Nacht spürt sie Tausende von Dingen, die tropfen oder sich leise bewegen.
Ein Funke erhellt schließlich die Umgebung. Praiala entdeckt ihre Laterne am Waldboden neben sich. Hastig entzündet sie den Docht und leuchtet in die Dunkelheit.
Durch eine schmale Öffnungen im Blätterdach des Waldes kann sie den Himmel als dunkle Leere erkennen, die den Lichtstrahl ihrer Laterne aufzusaugen scheint.
Als sie den weißlichen Lichtkegel ihrer Lampe nach unten richtet, kommt das Zelt in ihr Sichtfeld.
Einiges was sie dort sieht, ist schrecklich verkehrt.
Praiala hält den Atem an und versucht, ein Schluchzen zu unterdrücken: Das Zelt ist völlig in sich zusammengefallen, nur noch ein einziges Durcheinander von gewachstem Leder und Seilen. Ein Großteil der einen Seite ist einfach weggerissen worden, so dass die helle innere Stoffschicht zu sehen ist, die im Kontrast mit der feuchten schwarzen Erde irgendwie unheimlich wirkt. Durch die Risse in der zerfetzten Außenhaut glänzt etwas Feuchtes, eine Reihe von länglichen Streifen und Klumpen, sogar Pfützen sind zu sehen. Die Sturmlaterne in Praialas Hand zittert heftig, als der Lichtschein über die Schmutzstellen auf dem Leder gleitet. Die Stellen leuchten hellrot, es ist frisches Blut.
Praiala kann das alles nicht klar und deutlich erfassen. Ein wildes Durcheinander von unfertigen Gedanken und Assoziationen, einige davon vollkommen idiotisch, rasen durch ihr Gehirn, das verzweifelt versucht, sich einen Reim auf den grausigen Anblick zu machen und sich zu konzentrieren. Sie kann sich nicht mehr bewegen. Sie steht da, aufrecht, in ihrem komplett vollgesogenen Waffenrock und zittert in der Kälte, erbebt vor aufgepeitschten Emotionen, nachdem das Adrenalin sich in ihrem ganzen Körper verteilt hat.
Irgendwo inmitten dieses durchlöcherten Stoffhaufens, das einmal ein Zwei-Mann-Zelt gewesen war, liegt der nach Luft ringende Quin. Praiala widerstrebt es, unter die Reste der nassen Zeltplane zu schauen. Die Seile liegen schlaff auf dem Boden, und es sieht aus, als wären einem Schiff mitten in der Nacht auf dem schwarzen gottverlassenen Meer die Segel herabgefallen und hätten die Mannschaft unter sich begraben.
Die Verstrebungen aus Haselruten, die das runde Dach gehalten hatten, sind auseinandergezerrt worden und liegen nun unordentlich inmitten der chaotischen Stoffmasse. Innerhalb des ganzen Tohuwabohus ist Blut zu sehen, Schmerz und Elend lauern darunter. Am liebsten würde Praiala davonrennen, um nicht mitansehen zu müssen, was geschehen ist.
Sie dreht sich um und lässt den Lichtstrahl ihrer Lampe über die unebene, unübersichtliche Lichtung gleiten. Moosbedeckte Rinde, schwärzliche Äste, dunkel triefendes Blattwerk, schattige Höhlen. In ihrem Inneren zieht sich etwas zusammen, als sie an das denken muss, was sie auf dem alten Friedhof entdeckt hat. Sie erwartet jeden Augenblick, dass die Baumstämme zum Leben erwachen, und starrt gebannt auf ihre schaurigen Umrisse, aber nichts bewegt sich.
Sie muss heftig schlucken und blinzelt mit wunden ausgetrockneten Augen. "Quin! Quin!", ruft sie schließlich in die lumpenartigen Überreste ihres Zeltes. Wieder lässt sie den Lichtkegel der Sturmlaterne darübergleiten. Der Ruf provoziert eine Reaktion. Eine Hand stösst gegen die Reste der Zeltplane, Finger zeichnen sich unter dem Leder ab, versuchen, sich Luft zu verschaffen.
"Ruhig, ruhig", sagt Praiala und tritt zurück, als Quin sich auf allen vieren von der Plane befreit. Hinter sich zieht er den Schlafsack her, in dem sich sein Fuß verheddert hat. Er schiebt ihn fort und steht mühsam auf. Das Bein mit dem notdürftig verbundenen Knie lässt sich offenbar kaum noch geradebiegen. Er zuckt zusammen, als die Sturmlaterne ihn anstrahlt. Seine Augen sind gerötet und blicken verstört drein.
"Wo ist Ron?", stösst Quin atemlos hervor. Er starrt Praiala an. "Wo beim Namenlosen ist er denn?"

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Re: Game Thread (IC)

Post by Idrasmine » Thu Sep 13, 2018 8:32 am

Erschöpft und ausgelaugt kommen sie zum Zeltplatz zurück.

Keiner sagt etwas, sie stehen unter Schock. Sie sind wie betäubt vor Angst angesichts des irrwitzigen, grauenhaften Geschehens, das sie nun verarbeiten und dann irgendwie akzeptieren müssen. Es hatte sich etwas ereignet, das bald ihre Gedanken und Gefühle beherrschen wird, wenn sie zu müde sind, um es zu unterdrücken, oder wenn es sie ungeschützt erwischt. Etwas Unmögliches, etwas Überwältigendes, etwas Vernichtendes.

Jeder von ihnen hatte mehr als hundertmal nach ihm gerufen. Sie waren humpelnd herumgeirrt wie aufgescheuchte Tiere, hatten mit ihren Sturmlaternen wild in der Gegend herumgeleuchtet und versucht, im triefend nassen, undurchdringlichen Wald etwas zu erkennen. Jedes Mal, wenn auch nur ein schwacher Laut oder das weit entfernte Kreischen eines Vogels zu hören gewesen war, hatten sie gebannt gehorcht, bis sie völlig benommen waren, von Schmerzen übermannt und erschöpft von den Ängsten, die sie ständig überkamen. Niemand antwortete auf ihre Rufe. Rufe, die zunächst noch schrill geklungen hatten, dann verzweifelt, schließlich nur noch heiser und so schwach, dass sie das Dickicht kaum mehr zu durchdringen vermochten.

"Ron!"

"He, Kumpel!"

"Ron!"

"He!"

Es ist zu dunkel, um anhand der Spuren erkennen zu können, dass er nie mehr wiederkehren wird.
Ron ist verschwunden, und nichts ist ihnen von ihm geblieben außer dem Blut, das nun dunkel und dick geworden ist inmitten des zusammengebrochenen Zeltes.

"Vom Zelt ist nichts mehr zu retten.", erklärt Praiala und bricht damit ein langes Schweigen. Ihre Stimme klingt flach und sogar in ihren eigenen Ohren wie aus weiter Ferne. Sie beginnt die Teile ihrer Ausrüstung die sich im Zelt befunden hatten aus der blutigen Zeltplane zu befreien und in ihrem Rucksack zu verstauen. "Wir sollten sofort losgehen, der Geruch des Blutes könnte weitere Tiere anlocken."

Quin starrt sie verwirrt an. Er ist entsetzt und wütend auf sie, gleichzeitig aber apathisch und kraftlos. Er kann nur noch vor sich hinstarren, sonst nichts. Praiala versucht zu erklären was sie meint: "Wir brauchen umbedingt die Lampen und den Südweiser, um uns zu orientieren. Vielleicht sollten wir Ron's Sachen auch zusammensuchen."

Es ist immer noch finstere Nacht und sie haben sicherlich nicht mehr als ein bis zwei Stunden Schlaf bekommen. Das ist zwar nicht genug, um sich von den Anstrengungen des Vortags zu erholen, überlegte Praiala, aber bis in den Vormittag sollte die Kraft reichen. Das werden die wichtigsten Stunden des bevorstehenden Marschs sein. Praiala weiß, dass sie den Waldrand noch in der Nacht erreichen müssen, spätestens gegen Sonnenaufgang. Danach werden Quin's Knieprobleme ihre Geschwindigkeit drosseln, und sie werden zweifellos nicht mehr als zwei oder drei Meilen bis zur Abenddämmerung zurücklegen.

"Was?", sagt Quin schließlich wie vor den Kopf gestoßen.
"Seine Sturmlaterne. Sein Messer. Das, was wir noch gebrauchen können. Er hatte auch etwas Dörrobst in seiner Tasche."
Quin wirft Praiala einen bösen Blick zu. Dann hebt er beide Arme und lässt sie geräuschvoll wieder auf die Oberschenkel herabfallen. "Wir gehen nirgendwohin, bevor wir ihn nicht gefunden haben."
Praiala sieht zu Boden und seufzt laut auf.
"Was schlagt ihr denn da vor?", ruft Quin aus. "Dass wir einfach weggehen. Und sein Gepäck plündern?" Seine Stimme zittert, so überwältigt ist er von den eigenen Emotionen.

Quin schaut sich das kaputte Zelt an. Das Blut, das sich dort gesammelt hat, sieht im schwachen Licht einer einzelnen Lampe jetzt klebrig und ölig aus, irgendwie unheilverkündend und fehl am Platz. Und es ist sogar noch viel mehr davon zu sehen, wenn man mit der Lampe unter die Plane leuchtet, was Quin jetzt tut.

"O Gott, Praiala." Quin hockt sich hin und vergräbt das Gesicht in den Händen. Jetzt endlich hat er es verstanden.
Als sie Quin's verzweifelten Ausruf hört, spürt Praiala einen Kloß im Hals. Der Schatzsucher hört nicht mehr auf das, was Praiala antwortet, sondern schließt die Augen. Ron ist von uns gegangen, Ron ist von uns gegangen, schießt es ihm immer wieder durch den Kopf. Er kommt sich vor wie ein Kind.

Quin weint. Seine Gesichtszüge scheinen völlig entgleist. Ein langer Faden Speichel tropft von seiner Unterlippe. In seinen Augen stehen die Tränen. Eine Hand über die Brauen gelegt, als wolle er sich vor der Sonne schützen, er kann sich nicht mehr beherrschen. Und mit jedem Schluchzen hebt und senkt sich sein Brustkorb. Praiala sieht, wie sich seine verkrampften Gesichtszüge lösen. Salzige Rinnsale laufen ihm über Wangen und Hals bis hinunter auf die Brust. Ron's grinsendes Gesicht taucht vor seinem geistigen Auge auf. Beinahe schon hört er sein gackerndes Lachen. Der Gedanke, dass er nicht mehr existiert, ist so ungeheuerlich, dass ihm schwindelt. Dann scheint sich sein Herz zusammenzukrampfen, und gleichzeitig rebelliert sein Magen.

Praiala hockt sich hin und umarmt Quin um ihn, ob des tief empfundenen Schmerzes, zu trösten. In diesem Moment spürt sie weder die Wunden an ihren Oberschenkeln noch die blutigen Kratzer auf ihren Wangen und an den Ohren noch den Muskelkater in den Beinen.

Schließlich steht Praiala wieder auf und stößt dabei gegen Quin, der sie packt und ihren Oberarm so heftig drückt, dass Praiala schon glaubt, seine langen schmutzigen Fingernägel würden sich durch das Ölzeug und ihre Haut hindurch ins Fleisch graben. Sie muss Quin's Finger einzeln von ihrem Arm lösen. Dann fass sie Quin an den Schultern, weil dieser heftig zittert, sei es vor Trauer oder wegen einer Panikattacke. Eine ganze Weile sind sie alle beide völlig orientierungslos und unfähig, inmitten der Dunkelheit und der nagenden Kälte irgendetwas Sinnvolles zu tun. Quin verliert erneut die Fassung und weint. Bis sie irgendwann nebeneinander auf dem Boden hocken und bibbernd vor sich hinstarren, während der eiskalte Waldboden die letzten Reste von Wärme aus ihren gemarterten Körpern zieht und gierig aufsaugt.

Als sich Quin etwas gefasst hat, strafft sich Praiala - und versucht mit möglichst viel Autorität zu sprechen um Quin aus seinem Schock und seiner Trauer herauszureißen - wenigstens lange genug, damit sie es aus der Brache herausschaffen können. "Wir müssen an Ausrüstung mitnehmen was wir brauchen, um die Brache zu verlassen. Und dann müssen wir gehen." Sie lässt den Blick noch einmal über die schrecklichen Überreste des Zeltes schweifen - verdrängt im Augenblick doch auch ebenso ihre Schuldgefühle darüber, auf der Wache eingeschlafen zu sein, obwohl sie keinesfalls vor hatte, hier in der Brache zu schlafen - sondern fokussiert sich doch ganz auf das Ziel, die Brache wieder lebend zu verlassen. "Quin, du musst dich noch zusammenreißen. So sehr dir alles weh tut und dein Bein schmerzt. Wenn wir nun zusammenbrechen, werden wir nicht mehr aus der Brache herauskommen." ehe sie sanfter wird und ihn ansieht "und das würde Ron nicht wollen oder? Er würde nicht wollen, dass du dein Leben wegwirfst." damit blickt sie noch einmal über die dunkle Lichtung und dann zu dem Zelt, ehe sie zu beten beginnt - und mit jedem Wort doch entschlossener wird, selbst Mut und Zuversicht in ihrem Glauben findet.
"Bei Dunkelheit und Verzweiflung ... siegt das Licht!
Gegen Unheil und Verderben ... siegt das Licht!
Gegen Unrecht und Untat ... siegt das Licht!"

Sie hebt das Gesicht nach oben.
"Wenn die Nacht am dunkelsten und die Verzweiflung am größten ist, vertrau auf das sich nahende Licht, fühle die Wärme, die es dir spendet und wisse, der Herr Praios wird deinen Weg leiten. Wir vertrauen darauf, dass Ron nun keinen Schmerz mehr fühlt und die Leiden dieser Welt hinter sich gelassen hat. Wir vertrauen darauf, dass er sicher und geborgen von Licht umgeben ist."

Sie greift nach Quins Hand um sie tröstend zu drücken und sieht ihn dann an "Wir können nicht bleiben. Sammle an Kraft was du noch in dir findest und dann komm. Wir müssen los. Jetzt!"

Schweigend packen sie zusammen und verlassen die Lichtung. Weiter und weiter durch das Dickicht gen Osten.

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Re: Game Thread (IC)

Post by Idrasmine » Mon Sep 17, 2018 7:53 am

Dann finden sie Rons Leiche, die in einem Baum hängt.

Quin dreht sich um und ruft: "Seht nicht hin! Seht nicht hin!", als wolle er neugierige Kinder vor dem Anblick schützen. Doch genau das lässt Praiala instinktiv aufblicken wie ein Kind.

Praiala fällt gegen den neben ihr stehenden Baumstamm. "O Gott, Praios hilf!", entfährt es ihr in der feuchten Luft.

Ohne ein Wort zu sagen, geht Quin einige Schritt zurück. Dann hält er an und fängt an zu zittern. Er beugte sich vor und erbricht sich. Praiala sieht wie etwas Weißes, Flüssiges aus seinem Mund tropft, dann wendet sie sich ab und hört wie Quins Mageninhalt auf den Boden spritzt. Praiala schaut hinauf zu Ron.

Er ist splitternackt. Nirgendwo sind Kleider zu sehen. Sein Oberkörper ist aufgerissen, und man sieht die Innereien, die schwarz von getrocknetem Blut sind. Seine bleichen Beinmuskeln sind mit bräunlichen Flecken verschmiert. Die Füße hängen etwa in Höhe des Kopfes in der Luft. Seine Augen sind weit aufgerissen, ebenso der Mund mit der angeschwollenen Zunge. Sein Gesichtsausdruck spiegelt mildes Erstaunen wider, aber das Gesicht ist aschfahl und ohne jede Spur von Leben. Es sieht aus, als würde er nicht weit entfernt etwas betrachten, das ihn in seinen Bann zieht.

Nichts an seinem Körper scheint den bestialischen Angriff überstanden zu haben. Der größte Teil einer Schulter und der angrenzende Bizeps sind bis auf den Knochen abgenagt. Er ist zwischen zwei abgestorbenen Baumstämmen eingekeilt, sein Gewicht wird von zwei Ästen gehalten, die unter den Achseln hindurchführen.

Es erweckt den Anschein, als hätte man ihn gekreuzigt und so positioniert, dass sie ihn sofort sehen können, wenn sie zwischen den Bäumen hindurchkommen.

In Praialas Stirn pocht es heftig und ihre Körpertemperatur senkt sich auf das Niveau ihrer eiskalten Zehen. Ihr Blick trübt sich, und weiße Blitze durchzucken ihr Sichtfeld. Sie denkt, sie wird jeden Moment in Ohnmacht fallen. Die Muskeln in ihrem Gesicht vibrieren, vor allem um den Mund herum. Sie kann jedoch nichts tun, um diese Bewegungen zu unterdrücken.

Dann wird es in ihrem Kopf mit einem Mal glasklar, und ein einziger Gedanke trifft sie wie ein brutaler Schlag mitten ins Gesicht: Wie konnte Rons Mörder wissen, welchen Weg sie nehmen würden?

Drei Stunden lang sind sie auf der einfachsten Route nach Osten gegangen, mitten durch den Wald, immer dort lang, wo das Unterholz und das Gestrüpp am wenigsten dicht waren. So sind sie hierhergelangt. Das bedeutet, dass sie die ganze Zeit beobachtet wurden und dass Rons Leiche erst wenige Minuten vor ihrer Ankunft eilig an dieser Stelle platziert wurde: Etwas Starkes, das gut klettern konnte, musste ihnen den Kadaver dort präsentiert haben.

Kaum dass Praiala diesen Gedanken gefasst hat, ertönt in dem uralten verlassenen Gehölz um sie herum ein Bellen, das vielleicht auch ein Husten sein könnte. Ein bestialischer Laut, den sie gestern Abend schon vernommen hatte, als sie mit der Laterne vor dem Zelt saß.

Die Geweihte dreht sich hastig um, in wilder Panik sucht sie die Umgebung ab, ohne auch nur einen einzigen festen Punkt in dem Gewirr der Bäume ausmachen zu können. Sie wirft den Rucksack zu Boden und zieht ihr Sonnenszepter.

Quin springt von dem Baum zurück und taumelt vor Schmerz herum, weil er mit dem ganzen Körpergewicht auf sein Knie gefallen ist. Unter dem bräunlichen Schmutzfilm ist sein verschorftes Gesicht eine einzige bleiche Maske der Angst und des Schmerzes.
Stolpernd fällt er auf Hände und Knie. Er erhebt sich und stöhnt laut und animalisch vor sich hin, bevor er ausruft: "Scheiße, Scheiße, oh Scheiße!"

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Re: Game Thread (IC)

Post by Idrasmine » Thu Oct 04, 2018 10:22 am

Die Geweihte öffnet einen kleinen Beutel in dem sie weißen Sand mit sich führt, der mit Bernsteinstaub und getrocknetem Gilbornskraut vermengt ist. Schnell zieht sie damit einen feinen Kreis um sich und Quin, einen
Schutzsegen
Liturgiekenntnis, Praios
MU
IN
CH
TaW
Mod.
15
15
15
16
-8
129:0
TaP*
Anmerkung: Die Erschwernis setzt sich wie folgt zusammen:
+2 Grad der Liturgie (Grad 0)
-15 Dämonenbrache (Gefahrenzone)
+5 Erfüllung des kirchlichen Auftrages (Kampf gegen die verdorbene Magie)

Wirkung: Der markierte Bereich wirkt für Chimären als einfach geweiht.
gegen Chimären, groß genug um sich und den Baum hinter ihnen darin zu umfassen.
Entschlossen streckt sie ihre rechte Hand mit gespreitzten Fingern dem Ursprung der bestialischen Laute entgegen, das Zeichen des Auges, die heilige Geste des Bannes um dunkle Mächte zu verteiben und den Zorn des Götterfürsten gegen Sünde und Finsternis zu richten.
Mit lauter Stimme ruft Praiala: "Im Namen des Herrn Praios, der Herrin Rondra und ihrer göttlichen Geschwister: Unheiliges Gezücht, weiche zurück!"

Die Geräusche aus dem Unterholz verstummen.

Dann kommt das Bellen aus einer anderen Richtung, offenbar ein Stückchen näher und irgendwo hinter ihnen. Quin versucht angestrengt, durch das Gestrüpp hindurch etwas zu erkennen. Das rohe Bellen geht in heftiges Schnauben über, dann zu einem Geräusch, das klingt wie das Heulen einer Khoramsbestie, wenn sie ihre schwarzen Lippen bleckt.

Fest entschlossen das Böse mit der Kraft Praios' zu vertreiben läuft Praiala auf das Geräusch zu, ihr Atem geht so heftig und ihr Blut rauscht so laut in ihren Ohren, dass sie kaum in der Lage ist, etwas anderes zu hören. Jeder Muskel ihres Körpers wird plötzlich von einer warmen Energie durchströmt, sie geht eilig voran, weicht den im Weg stehenden Bäumen geschickt aus, spürt, wie sie leichtfüßig vorankommt, und hält das Sonnenszepter so fest in der Hand, dass ihr ganzer Arm sich taub anfühlt.
Aus dieser Euphorie heraus, die sie vorantreibt, um die Bestie in gerechtem Zorn zu erschlagen, zu zerhacken, ihr den Schädel mit der blanken Waffe einzuschlagen, ohne überhaupt zu denken oder sich um irgendetwas außer ihrem Mordtrieb zu kümmern, hört sie weit entfernt die Stimme von Quin, die nach ihr ruft. Das bringt sie wieder zu sich selbst, und sie verliert ihren Antrieb, als sie anfängt an ihrem Tun zu zweifeln. Aber dann wird sie wieder von diesem heiligen Zorn erfasst, und sie brüllt los, um ihren Platz zu behaupten, den Raum, den sie braucht, um in eine Konfrontation zu gehen, egal womit.
"Komm schon! Komm schon! Im Namen des Heiligen Gilborn! Zeige dich, Unkreatur!"
Sie hält an und geht in die Hocke. Dreht sich ruckartig um die eigene Achse und wirft forschende Blicke in den lichter gewordenen Wald, während sie einen pochenden Druck hinter ihrer Stirn spürt. Sie will es sehen. Will sich ihm nähern. Sie beisst die Zähne zusammen. "Komm her!" Dann hebt sie den Kopf und streckt die Brust heraus. "Na los, in Praios Namen! Komm schon!"

Im Wald bleibt es ruhig. Kein Vogel zwitschert oder gibt einen anderen Laut von sich. Das Leben hält inne.
Irgendwo rechts neben ihr knackt ein Zweig, und der Ton scheint sich meilenweit im Wald fortzusetzen.
Praiala wendet sich dem Geräusch zu, senkt den Kopf, spannt die Schultern an. Dann sprintet sie, so schnell sie kann, zu der Stelle, von wo das Geräusch kam. Es geschieht völlig unbewusst, instinktiv, der Impuls dazu scheint aus einem roten Mahlstrom zu kommen, der in ihren Ohren schäumt und dröhnt. Sie springt über schlüpfrige Stämme und bricht geräuschvoll durchs Dickicht. "Wo bist du, unheiliges Gezücht!"
Sie kann nichts entdecken. In der Ferne werden die Schreie von Quin immer lauter und panischer. Er will, dass sie zurückkommt, dass sie aus ihrer Entrückung zu ihm zurückfindet.

"Komm schon, komm schon. Hol mich doch", sagt sie mit gesenkter Stimme, und jedes Wort klingt härter als das vorherige. Sie spricht zu den stillen Bäumen, den nassen Gräsern, dem toten Holz und dem fußtiefen, fauligen Laub, das den Boden bedeckt, zu den wuchernden Pilzen und Stacheln, den Schatten jenseits des Lichts ihrer Laterne, dem Nebel über den grünlich verfärbten Steinbrocken, hinter denen sich dieses grässliche unnatürliche Ding versteckt hält. Denn nur jetzt, in diesem Zustand, ist sie in der Lage, den Anblick eines Dings zu ertragen, das so etwas mit einem Menschen tun konnte. Jetzt und zu keinem anderen Zeitpunkt. Dies also ist der Ort, sagt sie zu sich selbst. Hier erfüllt mich Praios' gleißender Zorn im Angesicht der Finsternis.
Hier draußen. Es wird nicht leicht werden für diesen Menschenjäger, denn sie wird sich nicht still und schnell ergeben. Das schwört sie bei diesem uralten von den Niederhöllen verfluchten Wald, der sich wie ein drohender Schatten gen Gareth, ihrer Heimat, erhebt.
Nachdem sie eine lange Weile vollkommen still gestanden ist, geht sie mit festen Schritten zurück zu Quin.

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Re: Game Thread (IC)

Post by Idrasmine » Thu Oct 04, 2018 12:36 pm

"Was hast du gesehen, Quin? Was hast du gesehen?"
Praiala keucht, während sie spricht. Ihr ganzer Körper bebt, während das Adrenalin aus ihren Muskeln weicht.

Quin wagt nicht, sich ihr zu nähern. Mit vom Schock verzerrtem Gesicht starrt er die entrückte Praiotin an. Quin kennt sie eigentlich kaum. Was weiß man schon von jemandem, abgesehen von sich selbst? Praialas Gedanken sind von einer Klarheit, wie sie es kaum mehr als ein Dutzend Mal in ihrem Leben erfahren hat. "Was ist zu euch reingekommen, Quin? Was hat euch im Zelt überfallen?"

Quin schüttelt den Kopf. "Ich weiß es nicht, verdammt. Es war vollkommen dunkel."

"Denk nach. War es groß? So riesig wie ein Bär? Lief es auf allen vieren wie ein Hund?"

Quin schaut sie fassungslos an, er ringt nach Atem. Seine Augen wirken viel zu groß. "Groß. Es stank. Wie ... wie ein nasses Tier, aber schlimmer."

"Hat es Geräusche gemacht?"

"Ich weiß nicht ..." Er verzieht gequält das Gesicht und bedeckt unwillkürlich die Ohren mit den Händen. "So wie ein Hund, wenn er sich was geschnappt hat. Oh, gute Götter. Ich will das nicht ... Es hat ihn gepackt."

Praiala nickt und reckt sich. Sie sieht über die Schulter in den Wald hinein, während ihre Brust sich hebt und senkt, hebt und senkt.

"Ein Bär. Es ist ein großer Bär", sagt Quin, dessen Gesichtszüge noch immer völlig entgleist wirken. In seinen roten Augen stehen Tränen. "Oder eine große Katze. Solche Tiere findet man in den Wäldern Garetiens. Vielleicht auch ein ... ein Wolf."

"Wir müssen es herausfinden. Wir müssen so viel wie nur möglich darüber herausfinden." Praiala blickt Quin an, sie senkt ihre Stimme und flüstert: "Es hat uns die ganze Nacht verfolgt. Und es wollte, dass wir Ron finden. Es hat das alles arrangiert. Tiere ... tun so was nicht."

"Was ... soll das ...?", fragt Quin, der seine Stimme genauso wenig unter Kontrolle hat wie sein Gesicht. Angesichts dieses irrwitzigen Schreckens wirkt er völlig entgeistert.

"Es jagt uns schon seit dem Friedhof. Vielleicht sogar schon seit dem Moment, wo wir dieses Haus betreten haben. Wir sollten Ron oben im Baum finden." Praiala hebt die Hände in der Geste der Lehre, mit Bewegungen wie in Zeitlupe, sie wirkt unglaublich ruhig und gefasst. "Und dann dieses Haus. Das komische Ding auf dem Dachboden. Dieser verfluchte Schrein. Das was Ron auf dem Friedhof gesehen hat. Das hängt alles irgendwie zusammen."

Unruhig lässt Quin seinen Blick die ganze Zeit durch den Wald streifen, der sich endlos weit um sie herum erstreckt.

"Ach, kommt schon", sagt Quin mit zittriger Stimme. "Das ist ein Tier. Ein gottverdammter Wolf oder so was. Fangt bitte nicht mit so einer Dämonengeschichte an. Das ist wirklich nicht der richtige Ort dafür."

"Wie kann denn ein Wolf oder ein Bär oder ein Bärenmarder, was auch immer es sein soll, eine Leiche so weit nach oben in einen Baum schaffen? Hm? Denk doch mal nach, Mann!"

Quins Gesichtsausdruck spricht Bände. Er kann den Gedanken nicht ertragen, dass sie es hier mit etwas zu tun haben, das nicht nur jenseits seiner Vorstellungskraft, sondern sogar dem unaussprechlichen Grauen der Niederhöllen entsprungen sein soll.
Er sieht krank aus, blass, verhärmt und streckt sein heiles Bein aus, während er das andere, das irgendwie nutzlos wirkt, angewinkelt hat. Das ist grundfalsch, denkt Praiala überflüssigerweise, es muss hochgelegt und gestreckt werden. Aber es interessiert sie in diesem Moment eigentlich nicht, und der Gedanke erscheint ihr im Augenblick sowieso völlig abwegig.

"Ein Mensch vielleicht. Irgend so ein Verrückter", sagt Quin. "Möglich", erwidert Praiala und nickt beinahe schon hoffnungsfroh. "Ein durchgeknallter Wegelagerer, der den Reisenden an der Reichsstraße auflauert." führt Praiala Quins Gedanken weiter aus. "Solche Verbrechen passieren andauernd. Wir sind hier in einem Teil des Landes, in den kein vernünftiger Mensch freiwillig geht. Und jene die das tun, kehren selten zurück und können davon erzählen. Dieser Schrein war vollgepackt mit Leichen. Einige von diesen Knochen waren ... nicht unbedingt frisch, aber auch nicht besonders alt."

"Ein Opfer", sagt Quin mit ängstlichem Unterton. Dabei schaut er Praiala betreten an, als wüsste er genau wovon er spricht. Die Praiotin hat sich die Kapuze wieder aufgesetzt und starrt in die Richtung, wo Ron noch immer aufgehängt ist. Über Quins Schulter hinweg kann sie den Baum erkennen. Zwischen den Ästen ist ein bleicher Fuß zu sehen. Sie denkt an ihre eigene wilde Jagd durchs Unterholz, und mit einem Mal ist ihr von Kopf bis Fuß kalt und sie fühlt sich krank. Einen Augenblick verliert sie das Gleichgewicht und taumelt, dann fängt sie sich wieder.

"Was meinst du damit?", fragt Praiala betont ernst.

Quin starrt zu Boden. "Ich hatte auch einen Traum. In diesem Haus. Ich erinnere mich nur an Bruchstücke. Da waren auch Leute."

"Erzähl es mir", fordert sie ihn auf, doch Quin antwortet nicht.
"Ich habe auch was geträumt." sagt Praiala tröstend. Die Augen in Quins, verschwitztem Gesicht wirken wild und derart panisch, dass man seinen Blick kaum ertragen kann.
"In meinem Traum war ich gefangen. Irgendwo hier draußen. Hing im Baum fest. Um mich herum dieser ... Ton. Der mich ständig umkreiste."

Quin lehnt sich mit dem Rücken gegen einen Baumstamm und gleitet zu Boden. Sein Körper scheint vor lauter Verzweiflung völlig zu erschlaffen. Auch er hat etwas geträumt. Und Praiala fragt sich was. Sie will jedes winzige Detail hören. Ihr Überleben könnte davon abhängen. Zehn Jahre lang hat sie in der Garether Priesterkaiser-Noralec-Sakrale und in der Stadt des Lichts über Frevel, Hexerei und schwarze Magie gelernt. Zwischen Leuten, die das Amt des Priesters anstrebten um ein einfaches Leben zu leben und die Menschen an die Wichtigkeit von Gerechtigkeit und Ordnung zu mahnen ohne jemals wirklich dem Bösen gegenüberzustehen.
Es gab Zeiten, da beneidete sie sie darum, später verachtete sie sie dafür. Auf jeden Fall ist sie nicht wie sie. Tatsächlich ist sie das genaue Gegenteil. Sie hat die Fehlschläge ihres Lebens immer sehr genau untersucht. Vielleicht hat diese Angewohnheit, die Welt illusionslos zu betrachten und gegen das Böse in den Kampf zu ziehen, ihr geschadet und die Chance genommen, ein ruhiges, glückliches und zufriedenes Leben zu erreichen. Aber hier draußen ist es völlig unangebracht, sich irgendwelchen falschen Hoffnungen hinzugeben. Hier muss man sich den Tatsachen stellen, egal wie grotesk sie erscheinen. Praiala stellt fest, dass sie die Brutalität ihrer Situation praktisch akzeptiert hat. Sie fragt sich, ob das daran liegt, dass sie ihr ganzes Leben lang sowieso immer mit dem Schlimmsten konfrontiert war.

"Ich hing irgendwo fest", sagt die Geweihte. "Und etwas jagte hinter mir her." Wie bei einer Vorahnung, will sie noch sagen. "Es war total realistisch. Lebendig, verstehst du? Und Ron. Ich hab ihn auf dem Dachboden gefunden. Er schlafwandelte. Auch er hat etwas Grässliches gesehen. Etwas, das ihm in seinem Traum erschienen war." Quin versucht wegzuhören. Praiala hebt beide Hände, um zu unterstreichen, was sie gerade sagt. "Sicher, das was wir in dieser Hütte gefunden haben könnte auf ganz natürliche Weise zu diesen Alpträumen geführt haben. Aber was Ron mir erzählte deckt sich mit meinem eigenen Traum. Das ist kein Zufall." Sie hält inne und sieht Quin an. "Du wolltest es nicht. Und du versuchst immer noch, so zu tun, als würde hier nichts Schlimmes vor sich gehen. Nimm dich zusammen! Wir müssen uns den Tatsachen stellen. Und zwar jetzt, sofort." Praiala wirft Quin einen strengen Blick zu und nickt bekräftigend.

Quin schluckt und holt tief Luft. "Sie haben Menschen geopfert, glaube ich. In diesem Haus. Irgendeiner Kreatur. Vor langer Zeit muss das gewesen sein."

Praiala nickt. "Als dieser Tempel noch besucht wurde und der Friedhof noch nicht überwuchert war. Die Leichen im Keller des Schreins waren alle in einem sehr üblen Zustand. Die sind ermordet worden."

Quin hebt den Kopf und schaut zu dem Stückchen Sternenhimmel, der langsam über dem Blätterdach sichtbar wird. "Sie haben sie aufgehängt. Für dieses Ding in den Baum gebunden. Ich glaube, es war damals viel jünger. Aber es ist immer noch da. Sie sind verschwunden. Die alten Menschen, die ich in meinen Träumen gesehen habe. Die es ... gefüttert haben. Aber es ist immer noch hier."

Praiala starrt schweigend in den Wald.

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Post by Idrasmine » Thu Oct 04, 2018 2:31 pm

In der Dämonenbrache, Garetien, Mittelreich

"Da komm ich nie rüber." Unter den Schmutzschlieren in Quins Gesicht ist die knallrote Haut zu erkennen. Er lehnt mit der Schulter gegen einen Baum, nachdem er seine behelfsmäßige Krücke in den Boden gerammt hat, um sich darauf abzustützen. Die Krücke ist ein abgebrochener Ast, der genau die richtige Länge hat und dick genug ist, um ihn tragen zu können. Er hat sogar eine Gabelung, die er sich unter die Achsel schieben kann.

Praiala setzt sich auf einen breiten Stein am Rand der Schlucht, wirft den Rucksack auf die eine Seite und stellt die Sturmlaterne ab. Quin wirkt erschöpft und enttäuscht. Sein Atem dringt pfeifend durch den geöffneten Mund.

"Wann können wir denn endlich eine Pause machen?", sagt er mehr zu sich selbst.

Nachdem sie dicht hintereinander durch enges Gestrüpp gewandert und schließlich auf steinigen Grund gekommen sind, der sie eine Erhebung hinaufführte, sind sie aus den Bäumen herausgetreten und blicken nun auf ein Tal, das von steilen Hängen begrenzt wird. Und Praiala spürt wieder diese vertraute Angst. Ein Gefühl vollkommener Ohnmacht bemächtigt sich ihrer Gedanken, und nun kommt es ihr so vor, als gäbe es kein entrinnen, keinen Ausweg aus der verfluchten Dämonenbrache.

Vor ihnen liegt ein von großen Felsbrocken übersäter Abhang, der in eine Art Schlucht führt. Die sichtbaren Seiten der Felsen sind mit gelblich-grünen Flechten überwuchert. Am Fuß der Schlucht breitet sich ein Wald aus schlanken hohen Büschen aus, deren gummiartige, wie Schirme wirkende Blätter die dreißig Schritt bis zur anderen Seite ausfüllen, wo man über eine Geröllhalde wieder nach oben steigen muss, um die feuchte, von Kiefern und Farnen bedeckte Ebene gegenüber zu erreichen. Sumpfgebiet. Praiala blickt zu dem dämmrigen Streifen am Horizont.

Das diffuse Licht der nahenden Dämmerung fällt in die Schlucht. So viel Licht haben sie nicht mehr gesehen, seit sie gestern die Dämonenbrache betreten haben. Durch das schwache Licht hindurch fällt der Regen auch weiterhin stetig, die Luft ist kühl und frisch. So wie er jetzt auf die Felsbrocken prasselt, gerade und mit wachsender Intensität und Lautstärke, ist klar, dass er bald noch heftiger werden wird. Praiala kann das deutlich spüren.

Ihre Angst, die sich zweifellos zu einer Gruppenhysterie steigern würde, wenn sie zulassen würden, dass sie von ihren Gedanken Besitz ergreift, hat sie dazu gebracht, Ron unter dem Baum hinter sich zu lassen. Praiala war die Äste hinauf gestiegen und hat die Leiche herunter geholt, ihn zwischen die Wurzeln des Baumes gelegt und ihn mit Laub und Erde bedeckt. Sie hat sogar einen
Grabsegen
Liturgiekenntnis, Praios
MU
IN
CH
TaW
Mod.
15
15
15
16
-13
131:0
TaP*
Anmerkung: Die Erschwernis setzt sich wie folgt zusammen:
+2 Grad der Liturgie (Grad 0)
-15 Dämonenbrache (Gefahrenzone)
gesprochen.
Mit gesenkten Köpfen sind sie dann langsam aber gleichmäßig vorangeschritten, immer weiter ostwärts, bis sie die Schlucht erreichten, die sie in ihrem körperlichen Zustand keinesfalls bewältigen können. Die tiefe Erdspalte erstreckt sich in beide Richtungen und verliert sich irgendwo zwischen den vom Nebel umwaberten Bäumen.

Dass Ron nicht mehr am Leben ist, hat Quin bislang noch gar nicht richtig realisiert. In seiner totalen Erschöpfung ist er dazu überhaupt nicht in der Lage. Praiala ist diese Abgestumpftheit ganz recht, seine Emotionen sind wie betäubt von dem, was er nicht nachvollziehen kann. Aber hin und wieder dringt die brutale Wahrheit in sein Bewusstsein, und dann schluchzt er auf oder stösst etwas wie "O Gott, bitte nicht!" hervor. Für ihn ist die ganze Situation völlig unvorstellbar.

"Der Tag bricht an", sagt Praiala in der Hoffnung, anschließend wieder klarer denken zu können. Der Wassermangel lässt ihre Gedanken immer vager und unzusammenhängender werden. Sie kommen und gehen, schwimmen ziellos in ihrem Kopf herum. Ihre Lunge arbeitetet kraftlos, ihre Aussprache ist undeutlich. Sie ist viel zu müde, um mehr als ein paar knappe Worte an ihren Kameraden richten zu können. "Wir haben uns eine Pause verdient. Vergiss letzte Nacht für einen Moment. Wir sind ziemlich gut vorangekommen. Du hast dich gut gehalten, Quin."

Es ist das erste Mal seit einer Stunde, dass sie etwas sagt. Sie ist viel zu müde, um Quin irgendwelche monotonen Ermunterungen oder Hinweise zukommen zu lassen. Sie trägt ihren eigenen Rucksack auf dem Rücken und dazu noch Quins Gepäck vor die Brust geschnallt. Das anstrengende Klettern über das felsige Gelände hat sie an die Grenze des Erträglichen geführt, und jetzt ist es gerade mal Morgengrauen. Die Riemen der beiden Rucksäcke graben sich in ihr Fleisch und verursachen üble Schmerzen, die sie auch nicht loswurde, als sie ihren Sitz etwas veränderte. Sie biss einfach die Zähne zusammen und stolperte weiter, bis sich ihr Blick vor Anstrengung verzerrte. Trotzdem musste sie alle paar Minuten anhalten, wenn Quin nach ihr rief und verlangte, sie solle langsamer gehen oder auf ihn warten, weil er Angst hatte, sie könne sich zu weit von ihm entfernen. In ihrem Hals pochte es schmerzhaft, nachdem sie Quins Rucksack zur Seite schob, um besser sehen zu können, wo sie ihre Füße hinsetzte. Wenn auch noch sie sich den Knöchel verstauchen würde, könnten sie sich gleich ausziehen und auf das Ende warten.

Es beunruhigt sie, dass sie sich nicht frei bewegen kann, vor allem mit den Armen. Wenn sie angegriffen werden würden, könnten wertvolle Sekunden vergehen, in denen sie sich mit den Riemen und den Rucksäcken abquälen muss. Und ihr Gegner ist zweifellos viel schneller. Schnell und leise ist dieses Ding, es sei denn, es entschied sich dazu, sie aus der Ferne zu verhöhnen.

Es hätte sich jeden von ihnen während der letzten zwei Stunden schnappen können, Praiala weiß das ganz genau. Irgendwann sind sie einfach zu müde geworden, um weiterhin wachsam zu bleiben, während sie durch irgendwelches Gestrüpp stapften oder taumelten. Vielleicht tötet dieses Ding ja nur, wenn es hungrig ist. Der Gedanke daran bereitet Praiala nichts als Übelkeit.

Aber wenn sie nicht Quins Rucksack übernommen hätte, würde er mit seinem einen gesunden Bein noch langsamer gehen. Sein schlimmes Knie ist arg angeschwollen und völlig farblos. Um die Kniescheibe herum sind keine Konturen mehr auszumachen. Die Haut unter dem Verband ist straff gespannt und heiß, wenn man sie berührt. Die Stelle überhaupt nur anzusehen macht Praiala schon völlig fertig. Schon bei der kleinsten Steigung muss Quin seitlich hinaufgehen und seine Krücke benutzen, um sich hochzustemmen, während er sein krankes Bein hinter sich herzieht, damit es nicht das geringste Gewicht tragen muss. Das Bein muss dringend hochgelegt werden und ruhen, mindestens drei oder vier Tage lang, bevor er es wieder belasten kann. Je mehr er hier herumtaumelt, umso schlimmer wird es. Seit der Beerdigung von Rons Leichnahm ist Quins Gesicht eine einzige Maske des Schmerzes und der Anspannung. Und in seinen Augen kann man sehen, wie sehr ihn die Angst quält, er könne ausrutschen oder stolpern und hinfallen und noch mehr Schmerzen erleiden.

Am oberen Rand der Schlucht lässt Quin sich ebenfalls auf einen Stein fallen und setzt seine Füße auf das feuchte Moos, das zwischen den Felsbrocken wächst. Laut keuchend hockt er neben Praiala und starrt auf seine Füße, ohne sie wahrzunehmen. Er hat die Jacke geöffnet und die Kapuzen abgezogen. Sein rotes Gesicht ist mit einem schmierigen Schmutzfilm überzogen und glänzt vor Schweiß.

Die Verantwortung drückt auf Praiala. Sie spürt geradezu körperlich, wie sie auf ihr lastet. Sie hat noch nie in ihrem Leben einen derartigen Gewaltmarsch angeführt, früher hatte sie sich ja immer während der Wanderungen auf die Kenntnis ihrer in der Wildnis erfahreneren Gefährten verlassen. Tief in ihrer Magengrube brodelt der Zorn und erweckt sie wieder zum Leben. Was hatten sich diese beiden Spinner eigentlich dabei gedacht, als sie sich entschieden in die Dämonenbrache zu gehen um Schätze zu suchen? Die ganze Idee hätte einen zelotischeren Praioten bereits 'Frevler!' schreien lassen. Selbst wenn sie auf ihrer verzweifelten Suche fündig geworden wären.

Praiala nimmt einen Schluck Regenwasser den sie mit ihrer Kapuze aufgefangen hat. Es schmeckt nach geteertem Leder und dem fauligen Wald, der sich um sie herum erstreckt: Nach widerlichem feuchten Holz, vergammelten Blättern und kalter modriger Luft. Es ekelt sie an. Aber sogar sie beide selbst riechen mittlerweile so. Sie sind fast schon ein Teil davon geworden. Nur die wenigen hellen Farbtupfer auf ihren von Menschenhand angefertigten Stoffen, die sie am Leib tragen, weisen sie noch als Andersartige aus, inmitten von diesem gedankenlosen, unbarmherzigen unnatürlichen Verfall, durch den sie sich bewegen. Es wäre so einfach, sich zu Boden fallen zu lassen und sich den Kräften der Zerstörung zu überlassen, sich auffressen zu lassen oder einfach zu verrotten. Die grausige Endlosigkeit, die Hoffnungslosigkeit dieses Landes und ihre vollkommene Bedeutungslosigkeit darin lassen sie beinahe den Verstand verlieren.

Sie holt den Südweiser heraus und legt ihn auf ihren Oberschenkel, bevor Quin den Anfall von Panik von ihrem Gesicht ablesen kann, denn dort zeigt er sich genauso deutlich wie an ihren zittrigen Händen. Sie beobachtet die Nadel wie sie hin und her schwingt und sich dann langsam einpendelt. Vor lauter Erschöpfung und Müdigkeit ist sie zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Sie fühlt sich antriebslos und nahezu apathisch. Sie ist kaum mehr fähig, sich zu konzentrieren. Woran liegt das? Unterkühlung. Kaum möglich. Ihre Sachen sind feucht und ihr wurde kalt, wenn sie anhielt, aber sie war nicht durchnässt bis auf die Haut und zitterte nicht die ganze Zeit vor Kälte. Noch nicht.

"Gehen wir noch richtig?" Quin schiebt sich seitwärts auf einen neben ihr liegenden Steinbrocken.

Wie bei den Göttern sollte sie das wissen? Sie wusste ja noch nicht einmal, wie viel der Wegstrecke sie in der Nacht bewältigt haben. Ihr kommt es vor, als wären sie meilenweit durch eine Wildnis gewandert, deren raue Formen ihr ein Vorankommen nur vorgaukelten. Vor Jahren hatte sie sich einmal verirrt, als sie auf der Zyklopen-Insel Tenos vom Strand zurückgelaufen war. Die Insel war gerade einmal sieben Meilen lang und drei Meilen breit gewesen, aber irgendwie war sie im Kreis gelaufen. Als sie wieder an dem Punkt ankam, an dem sie zwei Stunden zuvor losgegangen war, war sie völlig verkratzt gewesen. Dabei hatte sie sich eingebildet geradeaus in östlicher Richtung zu marschieren. Immerhin hat sie jetzt einen Südweiser dabei, aber der scheint ihr irgendwie auch nicht dabei zu helfen, aus dem Wald herauszufinden. Wo genau sie sich jetzt befinden oder wie weit sie vorangekommen sind, lässt sich kaum sagen. Jedenfalls nicht so weit, wie es den Anschein hatte. Immerhin hat sie genug Erfahrung, um das zu wissen.

"Das Problem ist", sagt Praiala und vermeidet es dabei, Quin in die Augen zu sehen, "dass wir nicht wissen, wie viel Wegstrecke wir überhaupt zurückgelegt haben in den Stunden, seit wir in den Wald eingedrungen sind."

Quin seufzt und schüttelt den Kopf. Es wirkt irgendwie anklagend, und Praiala fühlt sich auf einmal in der Defensive. "Aber immerhin gehen wir in die richtige Richtung."

"Aber wie lange soll das denn noch dauern? Wir hätten hier doch schon längst wieder rauskommen müssen, auf der anderen Seite des Waldes. Der Nordteil der Brache ist doch gar nicht so breit." Quin fährt sich mit seinen schmutzigen Fingern über die gerunzelte Stirn.

Aber die Brache ist nun wirklich kein kleines Stück Wald. An manchen Stellen ist der Urwald dämonisch verseucht und nach dem, was sie bislang gesehen haben, zweifellos undurchdringlich und kaum zu bewältigen. Es war Praialas Idee gewesen, sich einfach direkt in östlicher Richtung hindurchzuarbeiten, da hier am Nordende der Brache der Wald am schmalsten ist. Das wären ihrer Einschätzung nach nicht mehr als fünf Meilen. Aber Praiala fragt sich, ob sie nicht längst von der ursprünglichen Route abgekommen sind, die sie eingeschlagen hatten, als sie von dem alten Friedhof nach Osten davongingen. Außerdem hatten sie immer wieder Hindernissen oder dem undurchdringlichen Gestrüpp ausweichen müssen, waren zu verschiedenen Zeitpunkten mal nach Norden, mal nach Süden oder Südosten und auch Südwesten gegangen. Davor waren sie die meiste Zeit nach Südosten gelaufen, auch mal nach Nordosten, so hatte es der Südweiser angezeigt, anstatt direkt nach Osten zu gehen, wo Praiala das Ende des Waldes vermutet, dort wo sich die Reichsstraße nach Almada befinden muss. Das war der Plan gewesen. Aber nun waren sie fast eine ganze Nacht marschiert und hatten in ihrem schlechten Zustand in der undurchdringlichen Wildnis vermutlich nicht mehr als vier Meilen zurückgelegt.
Praiala hat sie seit einer guten Stunde noch weiter nach Nordosten dirigiert, damit sie den schmalsten Teil des Waldes sicher erreichen. Was alles prima wäre, wenn sie sich tatsächlich da befinden würden, wo sie sie vermutet. Aber der helle Streifen am Horizont befindet sich nicht in jener Richtung die laut dem Südweiser Osten ist. Was wenn der Südweiser in diesem verfluchten Wald nicht richtig funktionieren würde, und sie stattdessen nach Süden und somit ins Herz des Waldes marschieren würden, dann lägen nun fünfzehn Meilen dämonisch verseuchtes Terrain vor ihnen und ein Wald, der so alt und dunkel ist, dass das Sonnenlicht kaum bis zum Erdboden vordringt. Wenn sie noch weiter nach Süden gehen würden, würden sie in Regionen vordringen in denen das Sphärengefüge so brüchtig ist, dass sich das Diesseits mit den Finstersphären verbindet. Dann könnten sie ungewollt direkt in den Niederhöllen landen ... Praiala spürt, wie ihr übel und schwindelig wird.

"Ich frage mich, was ist, wenn wir dieses verdammte Loch da überqueren, und dann kommt auf der anderen Seite gleich wieder eins. Was dann?"

Darüber hat Praiala noch gar nicht nachgedacht, aber Quin hat nicht Unrecht, das wäre durchaus eine Möglichkeit. Bestimmte Strukturen wiederholen sich oftmals in einer Landschaft, nur manchmal sind es einzigartige Anomalien. In der Dämonenbrache, so hatte sie gelesen, gibt es viele verschiedene Sumpfgebiete, auch auf beiden Seiten des inneren Waldbandes. Der Wald wirkt wie ein Trichter, wie eine Falle. Wer dumm genug ist und versucht, eine Abkürzung zu nehmen, weil er hofft auf diese Weise die Feuchtgebiete zu umgehen, geht in die Irre. Der Gedanke daran nimmt ihr ihre letzten Kräfte. Sie stellt sich ihre Lage aus der Vogelperspektive vor und sieht sich vor einer Schlucht, hinter der eine ganze Reihe ähnlicher Vertiefungen folgen, parallel zueinander und viele Meilen lang. Das würde ihr Ende bedeuten.

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Re: Game Thread (IC)

Post by Idrasmine » Mon Oct 08, 2018 3:07 pm

Praiala vertilgt ein Stück Hartkäse in zwei Bissen und verspürt große Lust, noch ein zweites zu essen. Quin hat das zweite schon verzehrt, sie haben also noch drei übrig. Rons letzte vier Streifen Räucherspeck haben sie gerecht aufgeteilt, und eine Wehrheimer Hartwurst haben sie als Reserve zurückgehalten. Die bewahrt Praiala zusammen mit einem Wecken Koscher Bierbrot auf.
Um ihren Gefährten an ihre brisante Situation zu erinnern, sagt sie: "Ich finde, wir sollten die anderen Stück Hartkäse heute Abend essen. Wir haben auch noch etwas Speck. Dann bleiben uns noch für jeden eine halbe Hartwurst in Reserve und das Bierbrot, wenn es nötig ist." Sie sagt nicht morgen, aber seit sie sich hingehockt haben, weil die Schlucht ihnen den Weg versperrt, hat sie sich ausgemalt, dass sie eine weitere Nacht im Freien werden campieren müssen. Diesmal wird sie mit gezückter Waffe Wache halten, während Quin schläft. Der Gedanke daran verstärkt den Druck in ihrer Brust nur noch mehr. Sie ist kaum noch fähig, zu schlucken oder normal zu atmen. Aber die Angst vor einer weiteren Nacht mitten in diesem Wald schwingt in ihrer Stimme mit.

Die Ration die sie gerade verzehren wäre selbst für eine einzelne Person knapp bemessen. Wenn sie alles bis auf die Reserveration gegessen haben, dann würden sie noch längst keine Standardration pro Nase erreicht haben, und das in einer Situation, wo ein anstrengender Gewaltmarsch durch feuchtes und kaltes Gebiet vor ihnen liegt.

"Das waren aber schon meine letzten beiden", sagt Quin ohne jede Gefühlsregung und starrt seine verdreckten Handflächen an.

Praiala sieht Quins struppigen Kopf an und schluckt. "Das war jetzt hoffentlich ein Scherz."

Quin starrt ausdruckslos in die Schlucht. Er ist zu erschöpft um etwas zu erwidern.

"Und was willst du dann später essen?"

"Dann essen wir eben das Brot", sagt Quin mit angespanntem Gesichtsausdruck.

"Hast du deinen Räucherspeck etwa auch schon aufgegessen?"

Quin nickt ohne ein Anzeichen von Scham oder Bedauern. "Aber ich hab immer noch Hunger."

Praiala wendet sich ab und starrt schweigend über die Schlucht hinweg. Sie würde es in zwanzig Minuten bis dort hinüber schaffen, vielleicht sogar schneller. Der Gedanke fasziniert sie. Es ist die Richtung, die laut dem Südweiser die sinnvollste erscheint, überlegt sie, während sie sich an ihre Strategie erinnert, die sie sich in der Nacht zurechtgelegt hatte.

Wenn sie die beiden Rucksäcke einfach liegen lassen und alle ihre Kräfte nur auf das Marschieren verwenden würde, dann könnte sie bis Abends weitergehen, bis die Dunkelheit einbricht und sie nicht mehr recht weiterkommt. Das wären immerhin acht Stunden, die sie ohne diesen Klotz am Bein vorankommt. Sie würde sogar das Ende des Waldes erreichen, wenn sie in die richtige Richtung geht. Sie könnte Quin mit den Rucksäcken hier zurücklassen, an dieser Stelle, die ein Roter Maran aus der Luft wahrscheinlich ganz gut finden könnte, da sie durch die Schlucht markiert wird. Sie hätte kein Wasser. Kein Essen, aber das würde sie nicht aufhalten. Quin könnte sich einfach warm anziehen, sich in ihren Schlafsack legen und Wache halten. Vielleicht sollte er ein Feuer brennen lassen.

Aber wenn er die Kälte und Erschöpfung überlebt, müsste er noch eine Nacht hier draußen verbringen. Denn selbst wenn es ihr gelänge, heute noch den Waldrand zu erreichen, dann müsste sie mindestens einen halben Tag lang weitergehen, bis sie über die Reichsstraße Gareth erreicht, wo sie Hilfe holen könnte. Zwei Nächte ohne etwas zu essen, und er war verletzt. Würde es ihm überhaupt gelingen, ein Feuer anzufachen? Er hat Feuerstein, Stahl und Zunder, aber alles um ihn herum ist viel zu feucht, um zu brennen. Seit dem Einbruch der Nacht hat es mehr oder weniger kontinuierlich geregnet oder genieselt. Es würde Stunden dauern, Holz zu finden, mit dem man eine ganze Nacht ein Feuer speisen kann.

Ihre Gedanken springen von einem Szenario zum nächsten. Dann zwingt sie sich dazu, die Auswirkungen jeder einzelnen Möglichkeit durchzugehen. Aber egal welche Alternative sie wählt, nur um sie anschließend zu verwerfen, es war klar, dass es am besten wäre, sie würde sich allein auf den Weg machen.

"Und was jetzt? Wie zum Henker soll ich denn da rüberkommen ?", fragt Quin mit einem anklagenden Unterton.

"Vielleicht … ", beginnt Praiala leise.

"Vielleicht was?"

"Vielleicht sollten wir wieder zum ursprünglichen Plan zurückkehren."

"Zum ursprünglichen Plan? Der ursprüngliche Plan war, so schnell wie möglich hier rauszukommen und zwar auf dem direktesten Weg. Folgen wir diesem ursprünglichen Plan etwa nicht mehr?"

Jetzt wird er auch noch sarkastisch. Er humpelt mit seinem kaputten Knie durch die Gegend und meckert und beklagt sich. Praiala ist seine einzige Chance, diese Katastrophe zu überleben, und trotzdem behandelte er sie schlecht. "Dir wird bestimmt gar nicht gefallen, was ich dir jetzt sagen werde."

"Da gehe ich jede Wette ein."
Er starrt Praiala wütend an.
"Ihr denkt drüber nach abzuhauen. Hab ich nicht Recht? Und mich wollt ihr hier zurücklassen."

"Hör mal …"

"Ich kann nicht glauben, dass ihr das ernsthaft in Erwägung zieht."

Praiala beisst die Zähne zusammen. "Ich meinte eigentlich etwas anderes. Siehst du den hellen Streifen dort am Horizont?"

"Was?" Quin schüttelt verwirrt den Kopf.

"Der Morgen graut. Und dieses erste Licht des Tages sollte ja eigentlich in Richtung Osten sein. Laut dem Südweiser ist das aber Norden."

Quin schweigt fassungslos.

"Hier in der Dämonenbrache vertraue ich mehr meinem festen Glauben und meiner Erfahrung in der Wildnis als diesem Südweiser. Daher schlage ich vor wir folgen der Schlucht Richtung Norden. Zumindest müssen wir dich dann nicht über die Schlucht bringen."

"Ich glaub’s nicht. Obwohl ich mich frage, wieso mich das eigentlich so überrascht. Erst tut ihr so als wüsstet ihr wo's lang geht und dann führt ihr uns nur noch mehr in die Irre. Und dann kommen wir an eine Schlucht, und ihr erzählt mir jetzt auch noch dass der Südweiser kaputt ist."

"Dann sagt es doch gleich! Geht doch! Zieht doch ohne mich los!", bricht es aus Quin hervor, mit einer Heftigkeit, die Praiala völlig durcheinanderbringt.

"Aber das sage ich doch gar nicht."

"Aus meiner Perspektive sieht es aber genau so aus. Jetzt heißt es also, jeder kümmert sich nur noch um sich selbst. Rette sich wer kann, hm? Bitte schön. Dann geht doch!"

"Hör doch mal zu …"

"Ich hab keine Lust mehr zuzuhören. Zuerst kommt ihr mit eurer tollen Idee nach Osten zu marschieren, und der Effekt ist, dass Ron jetzt tot ist. Und nun? Wir stecken immer noch hier fest. Völlig orientierungslos. Richtig beschissen orientierungslos." Seine Stimme verliert sich in einem hoffnungslosen und wütenden Schnauben. Praiala spürt, wie jede einzelne Faser in ihrem Körper vor Schmerz aufschreit: Aufhören! Bitte, lieber Gott, mach, dass das alles hier aufhört!

Praiala steht auf. Quin zuckte zusammen. Er glaubt offenbar, sie will ihn schlagen. Warum denn? Sie ist doch gar nicht so. Oder doch? Sie hätte nicht übel Lust dazu Quin hier zurückzulassen. Ihr Pflichtbewusstsein, ihre Moral und all ihre Überzeugung wehren sich allein schon gegen den Gedanken daran. Und trotzdem zieht sie es ungewollt in Erwägung. Aber warum? Etwa nur deshalb, weil er sie am Fortkommen hindert? Vielleicht überlagert der eigene Selbsterhaltungstrieb in extremen Situationen einfach alles andere?
War es jetzt an der Zeit für sie, das Seil zu kappen? Würde sie sonst mit ihm zusammen untergehen? Sie weiß nicht, was sie denken soll.

Mit einem Mal schämt sie sich. Sie sieht sich selbst, wie sie diese einsame Gestalt, die neben den Rucksäcken in seinen zerschlissenen und verdreckten Klamotten auf einem feuchten Stein sitzt, zurücklässt. Quin war in der Nacht nicht einmal in der Lage gewesen das Zelt aufzubauen. Sie hatte das für ihn tun müssen.

Praiala gibt Quin ihren Heiltrank. Er wird die Knieverletzung nicht vollständig heilen, aber den Marsch erleichtern. Sie nimmt alle schweren, aber entbehrlichen Ausrüstungsgegenstände aus den Rucksäcken, schultert sie und deutet nach Norden zu dem hellen Streifen am Horizont. Sie hat so einfach keine Kraft mehr für eine weitere Konfrontation. Sie sieht Quin eindringlich an. "Kannst du es da entlang weiter schaffen?"

"Ja."

"Wirklich?"

"Ja, verdammt, wirklich."

"Okay, dann gehen wir jetzt los."

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Re: Game Thread (IC)

Post by Idrasmine » Thu Oct 11, 2018 10:18 am

"Ich kann nicht mehr weiter." Quin starrt zwischen seinen Knien hindurch auf den Boden, auf den er sich fallen gelassen hat. Sein Gesicht wird von der Kapuze verdeckt.
Praiala dreht sich von ihm weg und blickt die steile Anhöhe hinauf, die sie als Nächstes überwinden müssen. Schon allein der Anblick nimmt ihnen jeden Mut. Es ist einfach ein Hindernis zu viel.
Sie stöhnt auf und nimmt die Rucksäcke herunter, zuerst den vor der Brust, dann den auf dem Rücken. Ihr Oberkörper schmerzt überall. Sie streckt sich, ihre Wirbelsäule knackt, und sie spürt kurze unangenehme Stiche im Rücken. Am schlimmsten tut es ihr zwischen den Schultern weh. Ohne das Gewicht der Rucksäcke, die wie Kompressen wirken, ziehen ihre Muskeln sich heftig schmerzend zusammen. Was ist nur mit ihren Oberschenkeln los? Sie fühlen sich ganz schwer an und zittern unkontrolliert. Sie sieht zum grauen Himmel hinauf. Die Helligkeit des Tages hat bereits angefangen abzunehmen. Bestimmt ist es bereits die vierte Stunde nach Mittag.
Sie wischt sich den Schweiß aus dem Gesicht und blickt erneut die Anhöhe hinauf. Dunkle Tannen und Fichten recken sich auf dem Gipfel zwischen den weißen Stämmen der Birken und Weiden in die Höhe. Eine einzelne Kiefer ragt aus den umliegenden Bäumen einsam heraus. Die Anhöhe ist mit Geröll übersät, mit grauen moosbewachsenen Steinbrocken. Von dort oben hätte man einen guten Blick über die weitere Umgebung. Vielleicht könnte sie sogar die Kiefer hinaufklettern und über den ganzen Wald blicken. Ein Gefühl dafür bekommen, wo sie sich eigentlich befinden. Dort oben wäre es auch einfacher, sich zu verteidigen. Wenn man ein Feuer entfacht, würde der Rauch vom Wind weit fortgetragen. Und dort oben auf dem Hügel würde man aus der Luft gesehen werden. Darauf läuft es also hinaus, denkt sie bei sich.
Der Hügel ist zu einer fixen Idee geworden, nachdem sie ihn immer wieder zwischen den Bäumen vor sich sah, immer dann, wenn sie felsigen Untergrund erreichten, nachdem sie eine Weile über sumpfiges Gebiet gewandert waren. Die ganze Zeit über hatte sie sich darauf konzentriert, diese Anhöhe zu erreichen. Sie bezweifelt, dass sie mehr als drei Meilen zurückgelegt haben, seit sie am Morgen der Schlucht folgten. Da sie ständig rasten mussten, war wertvolle Zeit verstrichen.
Immerhin hat der Regen nachgelassen. Nachdem sie fast zwei Stunden lang unter heftigem Dauerregen gelitten haben, ist nur ein leichtes Nieseln übrig geblieben. Sie versuchten, unter großen Bäumen Schutz zu suchen, aber der Effekt war nur, dass sie schweigend dasaßen und weiter nass wurden. Dann fingen sie an vor Kälte zu zittern, und ihre Finger wurden taub. Da sie keine Möglichkeit hatten, ihre Kleider zu trocknen, konnte Praiala Quin klarmachen, dass es besser war zu laufen, als sitzen zu bleiben. Damit ihnen wenigstens ein bisschen warm wurde. Ihr Begleiter hatte schweigend zugestimmt und war gleichzeitig aufgestanden. Und dann waren sie monoton vor sich hin getrabt, über den feindseligen Waldboden, bis sie den felsigen Hügel erreichten.

Sie haben den Rand der Brache immer noch nicht erreicht und haben sich weiterhin am Südweiser orientierend in Richtung Norden bewegt. Sie kommen vermutlich gerade mal drei Meilen pro Tag voran. Das ist nicht gut. Das ist überhaupt nicht gut.
Es scheint Praiala unvermeidlich, dass sie eine weitere Nacht hier draußen verbringen werden. Wenn sie weiterhin zusammenbleiben und in Quins Tempo dahinschlurfen, während Praiala den größten Teil des Gepäcks trägt, werden sie nie mehr aus dem Wald kommen. Aber sie können den Hügel hinaufsteigen und dort ihr Lager aufschlagen. Vielleicht werden sie halbwegs trockene alte Äste im Unterholz finden und können sogar ein Feuer anmachen. Sich bis zum nächsten Morgen daneben ausruhen. Und dann wird sie sich allein auf den Weg machen und ihre letzten Kräfte dazu nutzen, herauszukommen und Hilfe zu holen. Jedenfalls ist es ein sehr guter Ort, um Quin zurückzulassen. Dort oben wird er diese Idee vielleicht auch akzeptieren.

Wie soll sie es ihm beibringen? Sie wird es ihm gleich als Erstes am nächsten Morgen erklären, wenn sie ausgeruht sind und noch in der Lage, klar zu denken. Es gibt sowieso nicht mehr dazu zu sagen als dies: Sie muss von hier aus allein weitergehen.

Praiala beugt sich vor, sie steht dicht vor Quin. Kneift erschöpft die Augen zusammen. "Okay, okay." Dann schüttelt sie sich noch einmal, nimmt einen Schluck von dem sumpfig schmeckenden Wasser das sie in ihren Wasserschlauch gefüllt hatte und sagt: "Da hoch. Wir campieren dort. Machen ein Feuer."
"Ich kann nicht", sagt Quin und streckt sich auf einem der nassen Felsbrocken aus. Dann schliesst er die Augen, winzige Wassertropfen setzen sich auf sein Gesicht.
Praiala seufzt. "Ich bring das Gepäck hoch und schau mich dort um. Du ruhst dich solange aus."
Mühsam streckt sie ihre Arme durch die Riemen der Rucksäcke. Als sie den einen vor der Brust und den anderen auf dem Rücken hat und die wunden Stellen wieder spürt, die sie sich während des Tages zugezogen hat, stellt sie fest, dass sie sich nicht mehr bücken kann, um die Laterne hochzuheben. Quin humpelt zu ihr, hebt die Sturmlaterne auf und schlingt die Trageschlaufe über ihre rechte Hand. Praiala nickt und macht sich auf den Weg nach oben.

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Re: Game Thread (IC)

Post by Idrasmine » Thu Oct 11, 2018 10:25 am

Sie sitzt im feuchten Unterholz. Praiala starrt ihre kalten geröteten Hände an und versucht, ihre Übelkeit zu überwinden. Ihr ganzer Körper bebt, ihr Magen brennt. Vor ihren Augen verschwimmt alles. Ihre Arme haben nicht mehr genügend Kraft, um die Steine im Unterholz zur Seite zu heben um ein einfaches Lager zu bauen.
Sie dreht sich um und starrt den Abhang hinunter.
Erschöpft nimmt Praiala einen Schluck aus ihrem Wasserschlauch während sie beobachtet wie sich Quin auf dem Hintern sitzend rückwärts den Berg hinaufschiebt, gelegentlich stößt er sich ab und kommt ein Stück weiter, während sie von oben auf ihn aufpasst. Jetzt wäre genau der richtige Zeitpunkt für einen Angriff. Praiala hätte eigentlich bei Quin bleiben wollen. Aber sie sagte sich dass sie auf diese Weise die bewaldete Kuppe des Hügels sichern und ein Lager errichten könnte.
Warum zeigt sich dieses Ding, das Ron umgebracht hat, jetzt nicht? Sie sind unglaublich müde und kaum in der Lage, sich zu verteidigen. Außerdem ist das schwächste Mitglied der Gruppe jetzt alleine. Gehen Raubtiere nicht so vor? Warten sie nicht ab, bis das schwächste Tier von der Herde getrennt ist und schlagen dann zu? Irgendwo dort unten lauert diese Bestie doch, das weiß sie ganz genau.
Praiala stöhnt und hockt sich auf die Knie. Mit letzter Kraftanstrengung gelingt es ihr, das Geröll wegzurollen und nun beginnt sie aus Unterholz und Laub einen Unterstand vorzubereiten. Sie hat das die letzten Jahre während ihrer Abenteuer immer wieder gemacht, normalerweise brauchte sie zwanzig Minuten, um das Lager zu errichten. Aber jetzt nicht. Sie fummelt schon seit zwanzig Minuten an den Zweigen herum, ohne dass eine einzige wichtige Verstrebung an ihrem Platz ist. Der brennende Schmerz in ihren Schultern flammt jedesmal auf wenn sie ihre Arme hebt. Morgen wird sie mit leichtem Gepäck weitermarschieren.
Sie wird sogar ihren Rucksack bei ihm lassen. Nur den Südweiser, die Sturmlaterne und das Sonnenszepter wird sie mitnehmen. Den Schlafsack und die Wolldecke wird sie Quin hierlassen.
Sie sieht nach oben in den metallisch-grauen Himmel, der niedrig und düster wirkt. Immerhin kann man ihn von hier aus überhaupt sehen. Es gibt normales Licht auf dieser Anhöhe. Vielleicht klart es ja sogar auf. Wer weiß das schon? Zwischen den Bäumen wird es manchmal so dunkel, als wäre es Nacht. Das ist wirklich eine gottverlassene Gegend. Menschen haben hier nichts zu suchen.
Endlich ist der Unterstand errichtet. Sie setzt sich zurück. Ihre malträtierten Hände sind zu Klauen verkrampft. Langsam kehrt das Blut zurück in die Finger. Sie starrt sie an. "Geschafft. Verdammt noch mal, geschafft", murmelt sie vor sich hin.
Als sie den Hang zu Quin hinunterblickt grummelt sie: "Er hat aufgegeben. Jetzt muss ich ihn den Rest der Strecke hochziehen. Sein Knie ist total kaputt"

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