Der Dämon von Warunk

Die Helden brechen noch am selben Tag in Richtung Warunk auf. Sie folgen der Herzogenstraße nach Norden. Die Sonne steht hoch am Himmel und das weite Tal des Flusses Radrom steht in saftigem Grün.

Bei ihrer ersten Rast stellt sich der Hesindegeweihte als Hexander Scherenschleifer vor. Er ist Mitte Vierzig und Mitglied jenes Ordens der Hesindekirche, der versucht, jeden Mißbrauch von Magie notfalls mit Gewalt zu unterbinden.
Auch er hat von den Gerüchten aus Warunk gehört und wollte in der Akademie zur Spektabilität vorgelassen werden um den Pfeilen des Lichts seine Unterstützung anzubieten. Als er auf Rakorium und die Helden traf, entschloss er sich sie zu begleiten.
“Üblicherweise”, so erklärt Hexander, “ist es im Interesse aller Beteiligten, selbst des Übeltäters, daß ihn die Draconiter stellen – ehe es die Inquisitoren der Praioskirche tun.”
“Wo ein Dämon ist, muß auch ein Beschwörer sein”, erklärt Hexander kategorisch.
“Die ganze Welt, die wir sehen, gehört der Dritten Sphäre an: Aventurien, Güldenland, Riesland, der blaue Himmel über uns und die zwergischen Höhlen unter uns. Es ist die Sphäre der Sterblichen, denen die zwei wundersamen Geschenke des Todes und der Geburt gegeben sind. Nur wir können unser Wissen und unser Blut weitergeben und Platz machen für unsere Nachfahren, die mehr Kraft haben als wir.”
Für Hexander scheint es tatsächlich eine Gnade zu sein, sterben zu können.
“Unsere Lebenskraft ist flüchtig, weil sie als der Atem der sterbenden Urriesin Sumu entweicht. Unsere Seelen aber sind unsterblich und den höheren Sphären bestimmt.
Jenseits des Nirgendmeeres, in der Vierten Sphäre, liegen Borons Hallen, wo die Seelen der Toten Aufnahme finden. Jene Seelen, die die Götter als Heilige erwählen, steigen weiter hinauf in die Fünfte Sphäre, die Gefilde von Alveran.” Er lächelt.
Das Thema des Todes und dessen was danach geschehen mag scheint den Helden sehr theologisch und auch Rakorium und Raidri antworten nicht und so steht in der Luft die unausgesprochene Frage, die Hexander eigentlich an den Schwertkönig gerichtet hatte. “Ich hatte eigentlich gehofft”, erklärt er schließlich, als die Helden schweigen, “daß Ihr, Herr Conchobair, mir sagen könntet, was es heißen mag, ein Heiliger zu sein. Wir Geweihten beruhigen uns bisweilen mit dem Dünkel, daß jeder, der seine Seele einem Gott weiht, von diesem auch erwählt ist. Andererseits sehen wir natürlich auch, daß die meisten Kirchen nur eine Handvoll allgemein anerkannte Heilige kennen. Vielleicht haben die Zwölfgötter in zweitausend Jahren nur fünfzig Seelen würdig gefunden?”
Raidri scheint peinlich berührt darüber, daß sich der Draconiter eine Antwort von ihm erhofft. Manche Gläubige haben ihn schon als Heiligen bezeichnet, da Rondra ihn als Inhaber des Donnersturmes erwählt hat. Auch war ihm die Göttin selbst erschienen, wie es von manchen Heiligen berichtet wird. Dennoch scheint ihm der Gedanke unheimlich, sich in einem Atemzug mit Geron, Leomar und Hlûthar oder auch den Heiligen anderer Kulte zu nennen.

Im Laufe des Nachmittags passiert die Reisegruppe das Dorf Borobunth und die erreichen die Grenze der Baronie Greifenau. Als es schließlich Abend wird stellen die Helden ein Lager am Rand der Reichsstraße auf.

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Der Dämon von Warunk
Herzogenstraße (Von Beilunk nach Warunk), Tobrien, Mittelreich

Unweigerlich führt das Reisegespräch erneut zu den Dämonen.
“Die Entitäten der Siebten Sphäre”, erklärt Hexander, “nennt man auch die Ungeschaffenen. Sie sind nicht Teil der Schöpfung, sondern ihr Feind. Alle Lebewesen, ob Götter, Drachen, Menschen oder Schmetterlinge, sind Teil von LOS. Doch die Bewohner der Siebten Sphäre sind keine Lebewesen, weil sie nicht leben, und keine Kreaturen, weil sie nicht erschaffen wurden. Sie gelangen nur durch Magie in unsere Welt. Fast immer hat ein Magier sie gerufen. Und nur Magie kann ihnen schaden.”
Beunruhigt wendet Raidri sich im Sattel und greift unbewußt nach seinen Schwertern. “Endurium”, lacht Hexander, “ist ein magisches Metall. Ich denke, deswegen wollte Euch Rakorium mitnehmen.”
Das widerspricht wohl Raidris Stolz, denn nun erzählt er, daß sie auch in den Echsendschungeln gegen manches Ungeheuer gekämpft haben, das Rakorium als dämonisch bezeichnete.
“Und damals führte ich noch gemeine Klingen aus Stahl.”
“Ganz gewiß habt ihr keinen Dämon damit verletzt”, beharrt Hexander.
“Aber manche Daimoniden suchen sich Körper und Gestalten. Untote etwa sind sterbliche Leiber und deren Überreste, die vom grimmigsten Feind Borons unheilig belebt werden. Und einer der gefährlichsten Gestaltwandler ist ein Diener jenes Erzdämons, der Hesinde gegenübersteht. Mag sein, daß Ihr solche Wesen besiegt und ihres Körpers beraubt habt. Vielleicht haben wir es auch in Warunk mit so einem Phänomen zu tun. Soweit ich weiß, kann kaum ein Dämon lange auf Dere weilen, sofern er nicht übermächtige Magie oder Gestaltwandel benützt.”

“Diese Erzdämonen”, sinniert Raidri. “Verstehe ich Euch richtig, daß jeder Zwölfgott einen zum Feind hat?”
“Eine Vermutung, ein Modell, das in manchen Legenden und verbotenen Büchern auftaucht. Zwölf Erzdämonen, die die Schöpfung umzingelt haben. Doch es gibt auch Entitäten, die keiner der zwölf Domänen zugeordnet sind.” Hexander spricht nun nicht mehr belehrend, sondern abgehackt, als müsse er sein Wissen prüfen und sortieren. Er schüttelt abwehrend den Kopf: “Es ist nicht gut für unsere Seelen, zu viel darüber zu wissen.”
Er deutet auf Rakorium, der voran reitet. “Vielleicht könnte Euch der Magister mehr darüber sagen.”

“Nein”, lacht der Schwertkönig, “der Magister ist äußerst sparsam mit verständlichen Erklärungen.”
Hexander lacht ebenfalls. “Die meisten Weißmagier verweigern jedes Gespräch über die Niederhöllen. Und Graumagier wie er mögen zwar forschen, sprechen aber nur mit ihresgleichen darüber. Wissen ist Macht – und Macht kann verführen. Die größten Magier waren, von Rohal abgesehen, auch die größten Frevler: der blutige Kaiser Fran-Horas, der die Erste Dämonenschlacht schlug, die schöne Kaiserin Hela-Horas, die die Zweite Dämonenschlacht auslöste, und zuletzt Borbarad, den man den Dämonenmeister nannte. Es scheint, daß wir alle fünfhundert Jahre von solch einem Beschwörer heimgesucht werden, der ohne zu zögern die Pforten der Niederhöllen öffnet. Dann sind es nur noch die heilige und die magische Macht, die uns retten können.
Ein guter Grund Hesinde zu dienen, der Göttin der Magie.”

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Der Dämon von Warunk
Herzogenstraße (Von Beilunk nach Warunk), Tobrien, Mittelreich

Ein lauer Sommerwind weht über die saftigen Weiden der Warunkei. Die Praiosscheibe steht in strahlender Pracht auf dem blauen Himmel. In Richtung Norden ist ein grauer Dunst am Horizont zu sehen.

Die Helden bewundern die weitläufigen Viehweiden des Warunker Landes auf denen die Warunker Braunen grasen. Aus der Milch dieser, im Radromtal verbreiteten Warussikühe, wird der bekannte Sembelquast-Hartkäse produziert.

Auf den Feldern der Dörfer ist die Getreideernte im vollen Gange und auch in den Obstgärten wird hart gearbeitet.

Je weiter die Helden der Herzogenstraße nach Norden folgen, desto mehr verschwindet das Blau des Himmels im grauen Dunst.

Als die Helden die Stadt Warunk erblicken hat der Himmel bereits die Farbe alter Knochen, kein Strahl von Praios’ Sonne kann den elfenbeinernen Vorhang durchdringen. Vor den Helden erhebt sich die einzigartige Silhouette Warunks unter der sich der Radrom träge dahinwälzt. Hier jedoch, etwa eine Meile vor der Stadt, stürzen die Wassermassen des Stroms über den Katarakt des Todes, einen etwa hundert Schritt breiten Wasserfall, zehn Schritt in die Tiefe. Mitten in den Katarakten steht der Schädelturm Rakolus’ des Schwarzen. Er bildet die Form eines Janoschkopfes, eines zweigesichtigen Götzen, dessen Gesichter flussauf- und flussabwärts starren. Um den Turm schwirren krächzende Krähen in großer Zahl.

Je näher die Helden der Stadt kommen, desto düsterer wirkt ihr Anblick.
Wie eine graue Gigantenfaust ragt der Molchenberg vor ihnen auf. Auf diesem fünfzig Schritt hohen Burgberg liegt die Altstadt von Warunk, nur erreichbar über die Serpentinenstraße im Westen. Es riecht als ob der Rauch von Schornsteinen vom Schlechtwetter auf die Straßen herunterdrückt wird – doch ist es kaum vorstellbar, daß die Bürger Warunks bei der drückenden Sommerhitze dieser Tage heizen.
In der Unterstadt sind die Straßen fast menschenleer – und das in einer derart geschäftstüchtigen Stadt. Auch fällt der Gruppe viel Schmutz und Unrat auf: Straßen und Häuser scheinen von Ruß verschmiert oder von Schimmel befallen. Dabei sagt man doch, dass sich die Warunker mit den Wehrheimern um den Titel der saubersten Stadt Aventuriens streiten! Fast die einzigen, die ihnen begegnen, sind übernächtigte Gardisten mit dem grünen Apfelwappen, die in Viererpatrouillen unterwegs sind – anscheinend seit Tagen, wenn nicht Wochen.

Als die Helden am Tor zur Oberstadt ihre Namen und den Grund ihres Besuches nennen werden sie mit sichtbarer Hast durch die Straßen geleitet.
Markgraf Throndwig Bregelsaum empfängt sie im Rathaus. Er lässt ihnen kaum Zeit, das Knie zu beugen. “Der berühmteste Magier am Perlenmeer und der Schwertkönig, der uns von dem Riesenoger befreite. Welche Erleichterung!” Rakorium und Raidri versuchen beide, die übertriebenen Erwartungen zu bremsen. Aber der Markgraf freut sich wirklich, sie wiederzusehen.
Während er spricht, sitzt auf seiner Schulter wie selbstverständlich ein wundersames Feenwesen mit Schmetterlingsflügeln.
“Verzeiht, meine Herrschaften, daß ich Euch nicht standesgemäß empfangen kann. Wir mußten die Burg … aufgeben.” Er räuspert sich peinlich berührt. Die Warunker sind nun einmal bekannt dafür, daß sie sich von jedem Wehrdienst freikaufen und nur die vorgeschriebene Garde und einige Büttel bezahlen. Das rächt sich nun – und dazu mußte der Spott kommen. Die Helden allerdings sehen dies nicht so kritisch, denn gegen einen Dämon sind Gardisten, nach allem, was sie wissen, so nutzlos wie Söldner.
Markgraf Throndwig stellt zunächst Rakorium und Raidri vor, wobei er die Helden übergeht. Dann macht er die Gruppe mit seinen Beratern bekannt. Warunk selbst besitzt weder Magier- noch Kriegerakademie und nicht einmal prominente Tempel. Interessant sind für die Helden daher nur drei Personen. Hauptmann Mainhard Riemschneider ist Oberkommandierender der markgräflichen Garde. Er ist ein drahtiger Mittfünfziger mit Stirnglatze und markanten Gesichtszügen. Er spricht mit den keuchenden Kehllauten der Warunker und scheint eher ein erfahrener Ordnungshüter als ein Krieger zu sein. Die Praios-Hochgeweihte Warunks ist in dieser Angelegenheit Throndwigs wichtigste Beraterin. Zidonia von Binsenbeck ist eine mopsige, kurzatmige Frau, die Hände gichtig vom guten Leben. Aber sie trägt das geweihte Sonnenszepter, das, so heißt es, Dämonen niederstrecken kann. Ebenfalls vorgestellt wird ihnen Thundra vom Rathilsteine, ein Rondrageweihter um die Vierzig, natürlich mit Kettenhemd und Rondrakamm. Raidri kennt Thundra offenbar aus seinen jungen Jahren.
Sodann stellt Raidri die Helden vor, darauf bedacht klarzustellen, daß sie aus freien Stücken hier sind.

Die Diener bringen Rindsbraten, Warunker Speck, feines Graubrot und einen Sembelquast, dessen Geruch den ganzen Raum füllt. Dann beginnt der Kriegsrat.
“Im Perainemonde war’s”, beginnt Throndwig, dessen Neigung zu poetisch ausschweifender Sprache nun so richtig zur Geltung kommt, “da erschien ein buckliger Magus und bat geheimnisvoll um Privataudienz. Er nannte sich Xeraan und wurde im Kabinett bald deutlich.” Throndwig räuspert sich, wiederum peinlich berührt, und gerät ins Stocken. “Es scheint … Man muß wohl sagen … Also … Praios steh mir bei, er wollte mich erpressen und berauben. Er werde, so krächzte er, mir die Niederhöllen selbst an den Hals hexen, wenn ich nicht das Warunker Schatzhaus leere bis zur letzten Perle. Ich gab ihm Antwort, wie’s mein Vater Karloff mit der silbernen Hand getan hätte, so höflich es noch möglich war. Darauf fragte er, ob ich wisse, wie mein Vater seine Hand verloren hätte. Dann prahlte er damit, daß er schon damals einen Dämon auf meinen Vater, der ebenso störrisch gewesen sei, gehetzt habe.”
Throndwig zuckt mit den Schultern und errötet leicht. “Was sollte ich tun? Wie könnte ich als freier Markgraf ausliefern, wofür mein Vater als tobrischer Graf die Hand gegeben hatte? Darauf ging Xeraan unter übelsten Drohungen. Dabei rief er sich eine Höllenfratze zu Hilfe, die meine tapfere Garde auseinanderjagte wie ein Falke die Tauben.”
Die Versammelten blicken zu den Magiekundigen. Die Helden berichten von Xeraan, dem Brand der die Illusionsakademie in Mendena zerstörte und von der Amazonenburg Kurkum.
Rakorium und Hexander glauben den Namen Xeraan’s auf den schwarzen Listen der Pfeile des Lichtes gesehen zu haben. Markgraf Throndwig steht nun der wirklich peinliche Teil seines Berichtes erst bevor.

“Hesinde verzeih’s mir, aber ich fürchte, ich habe den Dämon selbst in mein Haus geholt”, setzt er wieder an, nun bereits karmesinrot. “Die Botanik ist meine große Leidenschaft. Als nun mein Ladifaahri” – hierbei deutet er auf die Fee auf seiner Schulter – “mir die wundersamste Entdeckung meldete, vergaß ich alle Vorsicht. In den Auen des Radrom fand ich, als wäre es nicht die seltenste Pflanze der Welt, die Jaguarlilie. Auch Peraine möge mir verzeihen, ich grub sie aus und pflanzte sie im Burggarten an.”
“Die Jaguarlilie?” knurrt Rakorium. “Über die haben die Mohas doch … Hesinde, das ist doch ihr größtes Tabu.”
Raidri blickt dabei ebenso hilflos wie die anderen Krieger. Hexander jedoch springt helfend ein: “Ihr meint, die Waldmenschen des Südens kennen diese Pflanze und haben ein altüberliefertes Verbot, sie zu berühren?”
“Ha, berühren!” ruft Rakorium. Gleichzeitig wedelt Throndwig verzweifelt mit den Händen. Er scheint den Tränen nahe.
“Hauptmann”, flüstert er, “wenn Ihr vielleicht weiterberichten wollt.”
“Zu Befehl, Hochwohlgeboren”, salutiert Hauptmann Riemschneider. Der Kontrast könnte stärker nicht sein: Sein Bericht ist von einer kargen Knappheit, die die folgenden grausigen Ereignisse beinahe verhehlen. Throndwig fand schon am nächsten Tag seinen Leibdiener grausam erschlagen vor der Tür seiner Schlafkammer. Kurz darauf wurde ein sterbender Gärtner gefunden, dem etwas von innen die Brust zerfetzt hatte! Die anschließende Durchsuchung der Burg förderte keinerlei Spuren zutage, aber im Burghof kamen zwei weitere Gärtner zu Tode. Der Markgraf ließ den Garten darauf umstellen und Tag und Nacht bewachen. Jeden Tag gab es weitere Tote, zunächst bei der Wache, dann außerhalb der Burg, schließlich sogar in der Unterstadt. Der ehemals blühende Burggarten war zu einer lebensfeindlichen Falle geworden. Einigen hastig angeworbenen Söldnern war es gelungen, den Dämon aufzuspüren und ihm nach grausigem Kampf zu entkommen.
“Die Wesenheit sucht seither Hochwohlgeboren heim”, schnarrt der Hauptmann.

“Seine Worte sind stets die gleichen”, stösst Throndwig hervor und verbirgt das Gesicht in beiden Händen. “Du zahlst: ob Gold und Silber oder Blut und Seelen, ist mir gleich.”
“Ihr habt ihn also gesehen?” bohrt Rakorium kalt nach. Throndwig lässt die Hände auf die Schenkel fallen und richtet sich auf. “Ich weiß sogar, welcher Dämon es ist.” Die Gelehrten springen beinahe von den Stühlen. Nur die Etikette hindert sie daran, den Markgraf zum Reden zu nötigen.
“Ich fand ihn im Folianth der Kreutherkunde”, meint dieser müde. “In einer der Abschriften aus der Rohalszeit ist ein Anhang zu dämonischen Pflanzen angefügt.”
“Die Jaguarlilie”, setzt Throndwig erneut an. “Wie ihr sagtet: Die Ureinwohner fürchten ihn wie wir den Namenlosen. Er erscheint wie ihr Gott Kamaluq in Jaguargestalt. Sie nennen ihn Katuraq, das heißt etwa ›Die Hand von oben, die uns beinahe vernichtete‹ …”
“Der Nachtdämon”, ruft Rakorium sichtlich beeindruckt.
“Nur nicht zu viele Namen”, hebt Hexander abwehrend die Hand.
“Richtig”, erhebt Thundra seine ernste Stimme. “Wer sie nennt, ruft sie.”
Throndwig nickt. Dann schliesst er die Augen und zitierte die Stelle, die ihn wohl bereits im Schlaf verfolgt: “So mächtig ist der Nachtdämon, daß er sich vor Praios’ Blick und Bannstrahl verbergen muß. Die Mohas sagen, daß die verfluchte Jaguarlilie die Gestalt leiht, in der sich dieser Gehörnte tagsüber verbirgt.”
Nun springen alle Geweihten auf. “Wie nanntet Ihr ihn eben, Hochwohlgeboren?” ruft Hexander erregt.
“Er ist ein Dreigehörnter!” erklärt der geplagte Markgraf.
Hexander, Thundra und Hochwürden Zidonia schlagen instinktiv die Zeichen ihrer Götter, und auch Rakorium hebt die Hand zu einem abwehrenden Zeichen.
“Über den gemeinen Dämonen”, wendet sich Hexander an die Laien, “die bereits unverwundbar sind, stehen, so heißt es, die Gehörnten Dämonen, die mächtigen Diener der Erzdämonen.”

Das ist also das Geheimnis hinter den seltsamen Morden in Warunk. Ein mächtiger Dämon, ein Gehörnter, tötet im Auftrag des finsteren Schwarzmagiers Xeraan um den Markgrafen um den Schatz von Warunk zu erpressen.

“Die Diener des Markgrafen wurden nicht nur mit unnatürlicher Grausamkeit getötet, sondern auch wie warnende Trophäen in der ganzen Burg verteilt. Es scheint keinen Ort zu geben, den die Höllenkreatur nicht erreichen kann: höchste Zinnen, tiefste Keller, freistehende Bäume und verschlossene Kammern. Ein Gardist wurde gar auf dem Fahnenmast des Bergfrieds gepfählt, vierzig Schritt über dem Burghof.”
“Nächtens, so scheint es, geht er im Burggarten um oder hängt über der Burg”, fasst Thundra zusammen. “Jeden Morgen sieht es dann übler aus – dort oben.”
Fast alle Opfer sind bei Nacht getötet worden. Nur die zwei Gärtner, die mit abgerissenen Händen gefunden wurden, sind bei Tag in den Garten gegangen.
“Und fanden dort die Jaguarlilie”, vermutet Rakorium.
Hier sieht der Jagdinstinkt der Helden eine Gelegenheit einzuhaken: “Könnte der Dämon die Entdeckung als Bedrohung empfunden haben?”
Doch sie finden darauf keine Antwort. Er könnte als Jaguarlilie so gefährlich sein wie als geflügelter Jaguar. Vielleicht kann er auch bei Tag diese Gestalt annehmen, vermeidet es aber. Trotzdem scheint die Suche nach der Jaguarlilie der einzig sinnvolle Ansatz zu sein.
“Ich werde um Erleuchtung beten”, sagt Hexander feierlich. “In dieser Lage ist Wissen unsere wichtigste Waffe.”
Die Helden bemerken, daß dieser Satz Hochwürden Zidonia gegen den Strich geht, aber sie kann in dieser Lage nur schwerlich widersprechen.

Der Draconiter zieht sich zurück und die Helden nutzen die Gelegenheit, ihrerseits Fragen zu stellen.
Auf Bitte der Helden schickt er einen Diener um den Foliant der Kreutherkunde zu holen.
Wenig später erscheinen zwei liebreizende, junge Damen. Es sind die Töchter des Markgrafen, die Zwillinge Perainiane und Xyleste, welche einige Bücher und eine Lederne Mappe hereintragen. Sie wenden sich an Tejeran, der gedankenversunken am Tisch sitzt, während sich die anderen mit Rakorium und dem Markgrafen unterhalten.
“Dies sind die Aufzeichnungen unseres Hofmagus Rurmyr Flammenstab von der Bannakademie Ysilia. Vielleicht ist darin der eine oder andere hilfreiche Hinweis verborgen.”
Der maraskanische Magier bedankt sich und studiert die Schriften.

Diarium des Rurmyr Flammenstab

1. Praios, 18 Hal
Die Stellung als Hofmagus von Warunk ist eine ruhige Position, der Markgraf pflegt wenig Umgang und benötigt meine Dienste an sich kaum. Das gibt mir viel Zeit für meine Studien.
Auch politisch ist Warunk eher unbedeutend. Die Markgrafschaft entstand im Jahre 12 v.H. durch die Reichsgrundreform unter Kaiser Reto, der Warunk als eigene Markgrafschaft aus dem Herzogtum Tobrien herauslöste. Auch geographisch ist sie nicht besonders groß. Sie liegt östlich des Radrom, im Norden grenzt sie an Tobrien, die Ostgrenze wird durch Mendena gebildet, an das sich im Süden Beilunk anschließt, die westliche Begrenzung ist die Landgrafschaft Trollzacken.
Markgraf Throndwig von Bregelsaum erscheint mir als ein souveräner Lehensherr. Er lenkt die Geschicke des Landes umsichtig und ist ein zäher Verhandlungspartner. Die Liebe zur Natur hat Markgraf Throndwig auch an seine Töchter Perainiane und Xyleste weitergegeben. Karloff von Bregelsaum, der Vater Throndwigs, wurde für seine Verdienste in den Stand eines Markgrafen erhoben, das Geschlecht derer von Bregelsaum stellte jedoch auch schon früher die Grafen der Grafschaft Warunk. Unter ihrer friedlichen Herrschaft ist die Provinz aufgeblüht; es gibt keine Konflikte mit Nachbarn, und selbst interne Probleme wie die Horn- und Nasenfäule, der im Jahre 12 Hal viele der Kühe zum Opfer fielen, konnten bisher immer schnell überwunden werden. Das Geschlecht derer von Bregelsaum hat seine Zeit schon immer mit höchst “unmännlichen” Beschäftigungen verbracht. So ist der große Wandteppich im Vorraum zur markgräflichen Schatzkammer, der die Herstellung des Sembelquasts zeigt, von Wildgrimm II. persönlich in zwölf langen Wintern geknüpft worden. Und Karloff mit der silbernen Hand, der die Warunker Philosophenschule begründete, trug zu seinen Lebzeiten eine Bibliothek zusammen, die unter Kennern als eine der bedeutendsten ganz Aventuriens gilt. In ihr sind zahlreiche philosophische Schriften gesammelt. In jüngster Zeit wurde sie noch beträchtlich um einige Werke der Botanik erweitert.

25. Boron, 21 Hal
In letzter Zeit kam es öfter zu Entführungen und Morden in der Unterstadt. Der Markgraf bat mich der Sache nachzugehen und so entschloss ich mich erst einmal die Stadtgarde zu befragen. Hier berichtete man mir von verschiedenen Spuren die alle zu den Katakomben unter dem Burgberg von Warunk führen.
Meine Nachforschungen in den Historischen Aufzeichnungen der markgräflichen Bibliothek ergaben, dass in den vergangenen Jahrhunderten viele Verstorbene in den Höhlen und Gewölben, die von der Unterstadt aus zugänglich sind, zur Ruhe gebettet wurden. Sarkophage wurden aus dem Gestein gehauen und mit Grabplatten beschwert. Die bedeutenden Bürger der Stadt bekamen kunstvolle Epitaphe, und einige Geschlechter reservierten sich eigene Höhlengänge als eine Art Familiengruft.
Auch in der Vergangenheit waren die Katakomben unter dem Molchenberg schon oft Anziehungspunkt für Grabräuber und Lichtscheues Gesindel, was der Stadtgarde die Arbeit erschwerte.
Doch nicht nur die Stadtgarde stellt für solcherlei Raubersleute eine Gefahr dar. Glaubt man den Gruselgeschichten der Warunker Bürger, so missbilligt nicht nur der Herr Boron die Grabräuberei, es wachen auch andere, unheilige, Wesenheiten über die Schätze der Verstorbenen.
Die Stadtgarde ist zuversichtlich, dass sie der Lage Herr werden. Ich habe meine Hilfe angeboten und werde auch selbst auf Spurensuche gehen.

5. Hesinde, 21 Hal
Weitere Nachforschungen der Historie des Molchenbergs ergaben einige beunruhigende Anhaltspunkte.
Der Karstfelsen auf dem die Grafenburg Warunks erbaut wurde soll von einer Unzahl von Höhlen und Kavernen durchzogen sein, die sich nach alten Sagen bin hinunter in Ingerimms Reich oder die Niederhöllen erstrecken. Auch wenn dies sicherlich nur den Fantasien des einfachen Volkes entspringt, so gibt es doch Anlass zu vermuten, dass die Kavernen, die die Räuber als Versteck und geheime Operationsbasis verwenden, deutlich weitläufiger sind als angenommen.
Kurios ist, dass der Name Molchenberg auf das mythische Ungeheuer Molcho zurückgeht, eine Allegorie für eine allesverschlingende böse Kraft.
Die Bürger Warunks scheinen diesem Aberglauben schon lange anzuhängen denn man findet diese Legenden bereits in Reliefs und steinernen Plastiken aus der Gründungszeit. Bis heute erzählen die Bürger diese Gruselgeschichte und verkaufen sogar kleine Schnitzfiguren des Molcho an Reisende.

8. Hesinde, 21 Hal
Ein beunruhigender Hinweis verbarg sich in der Stadtchronik. Während der Magierkriege herrschte in Warunk ein norbardischer Nekromant namens Karasuk. Die Aufzeichnungen sprechen von seinen Gebeinkammern und Werkstätten im Molchenberg von wo aus er sein Heer aus Untoten kontrollierte, welches große Teile Tobriens in seinem Eroberungszug verwüstete.

11. Hesinde, 21 Hal
In einem alten Folianten konnte ich Aufzeichnungen aus der Zeit vom Fall des vieltürmigen Bosparans finden die nahelegen, dass der legendäre Drakologe Pher Drodont in den Höhlen unter dem Molchenberg lebte, nachdem er sein wegweisendes Werk Compendium Drakomagia verfasst hatte.
Es scheint er verfolgte eine Spur der Pyrdacor-Mythologie, den tobrischen Hinkelsteinen und den Theorien zum Omegatherion, der Letzten Kreatur dieser Welt.

29. Phex, 21 Hal
Der Burggraf wünscht sich im Burggarten einen neuen Pavillon zu bauen. Dafür hat er sich einen Platz ausgesucht der praktischerweise bereits von großen Steinplatten bedeckt ist. Er bat mich um meine fachkundige Meinung und als ich die Anordnung der Platten und die fünf sternförmigen Intarsien sah, kam mir vor dieses Muster schon einmal gesehen zu haben. Da die Ornamente und Intarsien allesamt wie veraltete Darstellungen arkaner Symbole aussehen untersuchte ich den Platz auf Magie, doch ohne Resultat.
In der Bibliothek stolperte ich schließlich über den Grund warum mir der Platz bekannt vorkam. Eine der mit Reliefs verzierten Bodenplatten der Bibliothek zeigt just dieselbe Anordnung der Steinplatten mit den Sternen und Ornamenten. Unter dem Relief befand sich eine Zahlenfolge in Altzwergischer Schrift eingearbeitet: 5-3-4-1-2
Könnten die Steinplatten etwas verbergen? Einen geheimen Zugang zu den Gewölben unter dem Berg?

17. Peraine, 21 Hal
Der Markgraf entfesselte unwissentlich einen Dämon auf der Burg. Die Kreatur der Niederhöllen tötete bereits verschiedene Burgwachen und Gärtner.
Der Burggarten ist zu einem dämonischen Dschungel geworden.
Jede Nacht sterben weitere Personen auf grausamste Weise.
Der Graf hat Söldner angeworben, morgen wollen sie den Burggarten erkunden und herausfinden wo sich der Dämon tagsüber versteckt. Ich befürchte die Gewölbe der Burg, und besonders die Kavernen unter dem Berg sind ein ideales Versteck für das Gezücht der Niederhöllen.

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Zwei Stunden später erscheint der Draconiter wieder. Er wirkt erschöpft.
“Hesinde hat mir eine wundersame Verständigung gewährt. Ich habe mit meiner Schwester im Glauben in Rashdul gesprochen und sie wiederum mit den Beschwörern der Pentagrammakademie. Wie erhofft, konnten sie sehr viel mehr über den Nachtdämon herausfinden.”
“Der, dessen Namen wir bereits gehört haben, ist der bei weitem mächtigste Dämon, der mit den üblichen Ritualen beschworen werden kann. Bei Nacht, darüber sind sich all ihre Bücher einig, ist der Nachtdämon unbesiegbar.
In den Dunklen Zeiten sollen drei Erzmagier zusammen gerade genug astrale Kraft besessen haben, um ihn zu verwunden.”

Rakorium bekommt einen Hustenanfall, als hätte er sich verschluckt. Die Vorstellung eines Dämons der Rohezal, Rakorium und einem Dritten mit ihrer Macht und Erfahrung widerstehen könnte, lässt die Helden erbleichen.
“Er kann sich wohl auch bei Tag manifestieren, doch schwächt ihn das Sonnenlicht. Die Rashduler meinten, dies sei unsere einzige Aussicht.
Da das Ritual zur Beschwörung allenfalls in Borbarads Schriften erhalten sein mag, gibt es auch keine Möglichkeit, es für einen Exorzismus umzukehren. Wir müssen ihn also vernichten.”
Die Stimmung im Raum wird, wenn irgend möglich, noch düsterer.
“Wir haben uns das Allerschwerste ausgesucht, nicht wahr”, wirft Raidri spöttisch ein. “Nicht wir, Xeraan”, verbessert der Draconiter.
“Wir haben noch einige Anhaltspunkte, was die Macht des Gehörnten und mögliche Schwächen betrifft. Der Nachtdämon gehört zum Gefolge des Schänders der Elemente. Die Magier meinten, das spräche dafür, daß er sehr mächtig, aber nicht sehr beweglich sei.”
“Beweglich! Euer Gnaden?” echot Markgraf Throndwig. “Das ist er wohl.”
“Er hat mir meinen Leibdiener vor der Tür getötet und einen Gardeweibel an den Fahnenmast gehängt. Und er verschwindet mit Sturm und Feuer.”
“Nein, ich habe mich mißverständlich ausgedrückt, Hochwohlgeboren”, entgegnet Hexander diplomatisch. “Bei vielen Dämonen besteht die Schwierigkeit, daß sie, einmal beschworen, überallhin gehen können. Der Nachtdämon, steht zu vermuten, kann nur Land heimsuchen, das er bereits geschändet hat.”
“Mit anderen Worten: ganz Warunk”, sagt Idra trocken. Keiner widerspricht ihr.

Da noch gute zwei Stunden fehlen bevor die Sonne untergeht bitten die Helden um die Erlaubnis den Burggarten von der umgrenzenden Burgmauer aus betrachten zu dürfen. Vielleicht finden sie so einen Hinweis.
Throndwig von Bregelsaum gibt Hauptmann Riemschneider die Anordnung die Helden zu führen und auch Thundra vom Rathilsteine und Zidonia von Binsenbeck schließen sich an.

Die Barden haben die Schönheit von Warunks Rosengarten längst sprichwörtlich gemacht. Ein Blick über die Mauer macht den Helden jedoch klar, daß die Wirklichkeit nicht mehr viel mit der Sage gemein hat. Was da vor den Helden in eigenartig suppigem Nebel liegt, scheinen Sträucher zu sein – und dennoch wirken sie seltsam sonderbar. Die Blätter eines großen Strauches nahe des Zugangs vom Bergfried sind von einem widerlichen Purpur. Das Gebüsch rechts dahinter bebt und zuckt, und dicke Ranken peitschen daraus hervor. Ein widerlicher Geruch von fauliger Erde und unnennbarem Ekel schlägt den Helden entgegen.
“Einige entzückende Monstrositäten, nicht wahr”, sagt Thundra, der den Garten seit zwei Tagen beobachtet hat. Vergiftmeinnicht nennen die Burgwachen sie.” Kein Zweifel: Der Nachtdämon hat den Rosengarten in eine Hölle von dämonischen Giftpflanzen verwandelt.
“Dem Rankenschlagenden Ungetüm dort hinten geben sie den Namen Spitzwürgerich, und das dornige Gestrüpp hier vorne schimpfen sie Wurfpfeilchen. Seine Blätter sind scharf wie Messergras.”

Die Helden versuchen in dem suppigen Nebel auszumachen ob sie die Jaguarlilie erblicken können, doch im Nebel können sie nur erkennen, dass der Garten fast komplett überwuchert ist. “Wie im maraskanischen Dschungel”, entfährt es Tejeran, “und sicher genauso giftig.”

Schließlich zieht sich die Gruppe zurück und beratschlagen. Alle sind der Ansicht, dass es notwendig ist bis zum Morgen zu warten, auch wenn der Dämon des Nachts erneut morden wird.

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Der Dämon von Warunk
Warunk, Tobrien, Mittelreich

Morgens erfahren die Helden, dass der Nachtdämon wie jede Nacht dem Markgrafen erschienen ist und erneut abgewiesen wurde. Diesmal gibt es drei weitere Tote zu beklagen.
Hauptmann Riemschneider eskortiert einen Amtsschreiber des Magistrats der dem Markgrafen eine List jener wohlhabenden Familien verliest, die in den letzten drei Tagen ihre Geschäfte und Wohnsitze in der Stadt verlassen haben.

Nach am frühen Vormittag machen sich die Helden auf den Weg zur Burg. Begleitet von ihrer Gnaden Zidonia von Binsenbeck, Thundra vom Rathilsteine, Hexander Scherenschleifer, Hauptmann Riemschneider und Korporal Garnspinner betreten die Helden, Raidri und Rakorium den Rosengarten.

Ein eiskalter Sturm, der keine Richtung kennt, beginnt um die Burg zu heulen. Fette, schwarze Wolken stürmen heran wie eine Horde urtümlicher Riesentiere – aus mehreren Richtungen zugleich. Die Helden haben noch nie so tief hängende Wolken gesehen.
“Lokal konzentriertes daimonides Antielementar Phänomen”, grunzt Rakorium.
Die Sonne färbt sich hinter den Wolken blutrot.

“Trinkt das!” befielt Rakorium und lässt ein kleines Kristallfläschchen im Kreis herumgehen. Die Helden erkennen es von der Expedition nach Maraskan. Rakorium scheint als Alchimist so vorausblickend wie er als Sprecher verwirrend ist.
Die gelben Brühe riecht verdorben und hat einen Nachgeschmack von Harz. Zögernd trinkt einer nach dem anderen davon.
“Antidotum”, erhält der neugierige Hexander zur Antwort.

Angesichts der Lage beschließen Rakorium und Hexander, daß magisches Licht auf den Waffen der Krieger die einfachste Methode sei, diese zu verzaubern und dabei dem Nachtdämon vielleicht zusätzlich zu schaden. Idrasmine, Alawin, Hauptmann Riemschneider und Korporal Garnspinner ziehen ihre Schwerter und bieten sie dem Magier dar.
“Applicatus”, intoniert Rakorium als er die Klingen berührt, und etwas wie “Flim Flam Funkel”, als er darüber eine einfache Geste durchführt. Zu sehen gibt es für einen Laien allerdings nichts. Den Helden ist bewußt, wie sehr Rakorium sonst mit seinen Zaubern geizt, vor allem für andere. Auf Maraskan war Raidri der einzige gewesen, den er wenigstens zähneknirschend geheilt hatte. Von Kriegern hält er einfach nicht viel.
Wenn er hier so großzügig Zauber spricht, dann ist es entweder ein ungewöhnlich einfacher Zauber oder die Helden stehen vor einem wirklich großen Probleme, das sie gar nicht ermessen können.
Vermutlich stimmt beides.

Die Helden folgen vorsichtig einem der Kiespfade, auf denen sich verkrüppelt aussehende, dicke Wurzeln und wuchernde Pilzkolonien ausgebreitet haben.
Das dichte Gebüsch bildet ein undurchdringliches Dickicht dessen Blätter sie wie von unnatürlichem Leben erfüllt ganz eigenständig zu bewegen vermag.
Ganz unmittelar nahe des Tores wuchert ein großes Gewächs mit etwa handlangen ovalen Blättern von nachtblauer Farbe. Wie ein nervöses Zucken läuft es von Zeit zu Zeit durch den Busch. Als die Helden vorsichtig passieren schleudert das Wurfpfeilchen auch schon seine messerscharfen Blätter mit großer Geschwindigkeit und erstaunlicher Zielsicherheit auf alles was sich bewegt.
“Armatrutz”, ertönt es im Duett von den Zauberern und ohne zu zaudern passieren die Helden während sich ein Hagel aus Blättern über sie ergießt.
Mit nur einigen Kratzern erreichen die Helden genug Distanz um nicht weiter beschossen zu werden, da explodiert auch schon ein Vergiftmeinnicht, das gut getarnt in zweiter Reihe stand. Ganz im Gegensatz zu ihrem hübschen Namen sieht man der Staude auf den ersten Blick an, daß sie den Finstersphären entsprungen ist: Ihre fingerdicken Zweige sind bedeckt mit langen, dünnen Stacheln, an denen eine gelblichgrüne Flüssigkeit haftet. Die wenigen Blätter sind handtellergroß und fleischig. Auf der violetten Oberseite tragen sie ein Muster blutroter Linien.
Mit einem prasselnden Geräusch geht der Hagel aus davongeschleuderten Giftstacheln auf die Helden nieder, wobei sie durchaus Kleidung durchdringen und hier und da sogar einen Weg durch das Kettenhemd finden.
Bei näherem Hinsehen erkennen die Helden ein zweites Vergiftmeinnicht unter dem eine regungslose menschliche Gestalt liegt.
Geschützt durch seine Rüstung und einen ARMATRUTZ wagt sich Alawin heran und schafft es die Person – einen der vermissten Gärtner des Markgrafen – zu befreien. Tejeran untersucht ihn und stellt eine Ohnmacht fest, sehr ähnlich der Wirkung des bekannten Schlafgifts. Tejeran wirkt einen KLARUM PURUM auf den Gärtner bevor sie ihn aus dem Garten in die Burg tragen.
Als sie erneut dem von ihnen gewählten Kiesweg folgen erreichen sie eine Biegung an der sich eine gewaltige Pflanze befindet die über und über mit Tausenden von daumennagelgroßen Blättern bedeckt ist. Ihre mattschwarze Farbe und das trockene Rascheln geben dieser Ausgeburt der Niederhöllen etwas Gespenstisches.
Die Helden die Pflanze genau und erkennen schließlich eine Vielzahl an Luftwurzeln und Ranken die sich eingerollt untem dem Blätterkleid verbergen. Beim leisesten Windhauch schnellen diese Schlingarme des Spitzwürgerichs hervor um sich um alles zu wickeln was dem Stauch zu nahe kommt.
Tejeran, der sein Flammenschwert dirigiert um der Pflanze zuzusetzen, erkennt schnell, dass es seine Kräfte übersteigen würde alle Schlingarme abzuschlagen. Nach kurzer Absprache hebt Dariyon die rechte Hand zur linken Schulter und deutet dann ruckartig mit Zeige- und Mittelfinger auf den Spitzwürgerich.
Ein Flammenkegel elementaren Feuers schießt aus den Fingern des zyklopäischen Magiers, groß genug das unheilige Gewächs zu verbrennen. Dicker, schwarzer Rauch quillt aus dem durch den IGNIFAXIUS entzündeten Gewächs und nach kurzer Zeit ist von den Schlingarmen nichts mehr übrig, das den Helden gefährlich werden könnte.
Als die Gruppe jedoch die Biegung erreicht, stellen sie fest, dass sich dahinter ein zweiter, ebenso großer Spitzwürgerich befindet.
Kurzentschlossen schlagen die Helden eine Bresche durch das Gebüsch zu ihrer rechten um zu einem parallel verlaufenden Kiesweg zu gelangen und somit das dämonische Gewächs zu umgehen.

In einem Gesträuch, schon fast völlig zugewuchert, entdecken sie einen Körper im grünen Waffenrock.
“Beim blutigen Kor”, flucht der Hauptmann hinter den Helden. “Gardistin Eichhauser.”
Es hat den Anschein, dass Ranken sie erwürgt und ihr den Hals durchgeschnitten haben. Vorher scheint sie aber wie von wilden Pferden umhergeschleift worden zu sein. Äste sind von unten durch den zerschundenen Leichnam gewachsen. Es sieht aus, als ob sie seit Monaten dort liegt, doch die Frau ist erst vor einigen Tagen auf Wache getötet worden – unten am Fluß!

Die sonst sauber geharkten Kieswege sind bedeckt von Ästen und abgerissenem Laub. Blutrote Blütenkelche, so groß wie Eimer, drohen im Nebel. Stachelige Ruten züngeln nach den Waden. Mancherorts finden sich Glutnester oder offene Brände, die viel zu stetig und in falschen Rottönen lodern. Selbst die Statuen und Brunnen sind mißgestaltet. Auf ebenmäßigem Kalk und Marmor sprießen Warzen von Sandstein, Basalt und Speckstein.
“Humus, Stein, Luft, Feuer”, meint Hexander, “damit sind all jene der sechs Elemente betroffen, deren Schändung man jenem Erzdämon zuschreibt.”
“Seht”, sagt der Hesindegeweihte kurz darauf und taucht die Hand in einen Brunnen, dessen Steinumrandung langsam aber sicher zerbröckelt.
Das Wasser ist von fast heiliger Klarheit. “Wasser und Eis – diese zwei Elemente kann er nicht schänden. Keiner weiß warum, aber so steht es in allen Kommentaren zu den verbotenen alten Schriften.”
Nachdem die Helden vernommen haben, was Hexander mit der Schändung der Elemente meint, fällt ihnen auch die Luft auf: Es gibt Stellen, da stinkt es nach verwesendem Fleisch, Faulgasen oder Erbrochenem. Manchmal bilden sich Luftwirbel, die durch die Heckenreihen brausen.
Zweimal wird die Luft gar so dick, daß sie ihnen in Ohren und Augen drückt und beinahe den Atem raubt. Und stets die zermürbende Abwechslung, das Fehlen jeder erkennbaren Ordnung.
“Das ist das Chaos”, flüsterte Hexander, “der Urzustand der Niederhöllen, Feind jeder Ordnung und Schöpfung.”

Nach drei Stunden haben sie kaum die Hälfte des Gartens durchkämmt. Die Stelle, an der der Markgraf die Jaguarlilie eingepflanzt hatte, ist verwaist. Der Dämon verwandelt sich jede Nacht, und daher wechselt wohl auch der Ort der Pflanze.
Wiederholt haben Büsche ihr Laub nach den Helden geschleudert: Messerscharfe blaue Blätter sind ihnen um die Ohren gesaust und haben ihnen die Haut blutig geschunden. Sie fühlen sich wie zerschlagen. Sie hatten nicht damit gerechnet, daß es so lange dauern würde.
Die Suche gilt einer fremdartigen Pflanze, von der sie nur eine Beschreibung haben, inmitten eines Urwaldes von Pflanzen, die noch nie ein Mensch gesehen hat. In jedem Strauch, hinter jeder Hecke kann eine neue Gefahr lauern – oder das Herz des Bösen. Immer wieder blicken sie besorgt zum Himmel.
Wann immer sich eine Wolke vor die Sonne schiebt, wird es spürbar kälter. Die vielen Kratzer jucken erbärmlich, und das Gefühl der Beklemmung in Hals und Brust wächst.

Im hinteren Teil des Rosengartens – die Helden sind gerade zwischen zwei Wurfpfeilchen hindurchgeprescht – treten sie plötzlich in eine ganze Kolonie von daimoniden Pestsporenpilzen.
Jene gefährlichen, feisten Pilze von brauner Farbe, deren Aussehen an ein Hirn gemahnt, haben schon so manchen Wanderer der versehentlich auf sie trat, elendiglich zugrunde gehen lassen. Das schrecklich Miasma von Sporen das sich aus den Pilzen erhebt brennt in den Lungen und nimmt ihnen den Atmen. Dariyon, dem die Wurfpfeilchen schon zugesetzt hatten, ist so schwer verätzt, dass er einen Heiltrank einnimmt.

Und da ist sie.

Zwischen Rosensträuchern, Goldregen, Buchsbaum und Horasien steht plötzlich unübersehbar die Dämonenblume. Die Helden würden behaupten, daß sie einen Augenblick zuvor noch nicht da gewesen ist. Sie erinnert sofort an die rot-schwarzen Schwertlilien, die die Helden in vielen Rondratempeln gesehen habe: die klassische Form mit hohem Stengel und einer gelben Trichterblüte mit schwarzen Flecken. Die ausgeprägten Fruchtknoten besitzen etwas unsagbar Unheimliches. Die Gruppe nähert sich, die teilweise leuchtenden Schwerter zum Angriff erhoben.

“Vier Blütenblätter”, sagt Hexander, “statt der natürlichen fünf. Vier geschändete Elemente.”
Vorsichtig umzingeln sie die Pflanze. Die Krieger sichern auch nach außen. Doch die Umgebung scheint keineswegs bösartiger als anderswo. Selbst an den fettigen Nebel haben sie sich indessen gewöhnt.
“Das also ist der Nachtdämon?” fragt Thundra.
“Seine derzeitige Gestalt”, antwortet Hexander beflissen, “oder sein Versteck.”
Was nun?

Rakorium starrt die Pflanze an und murmelt dabei eine Formel. Tejeran wirkt einen AXXELERATUS. Hochwürden Zidonia tritt mit einer Entschlossenheit vor, die die Helden der Frau nicht zugetraut hätten, und hebt das Sonnenszepter: “Im Namen des Herrn Praios, der Zwölfgötter und allem, was heilig ist …” Weiter kommt sie nicht.
Die gefleckten Blütenblätter schnappen nach ihr und beginnen dabei zu wachsen. Thundra reisst, den Rondrakamm in der Linken, die Geweihte zurück. Die Blüten formen ein Maul, einen Schritt breit und noch immer wachsend. Gleichzeitig kriechen die dicken grünen Blätter in alle Richtungen über den Boden. Der Kreis der Gefährten dehnt sich weiter auseinander. Rakorium hebt schützend die Hände vor die Augen, als sehe er etwas von blendender Gefährlichkeit. Der Jaguarschädel ist bereits mannsgroß und macht keine Anstalten, im Wachstum innezuhalten. Das gähnende Maul ist von Feuer erfüllt und scheint bis in unergründliche Tiefen zu reichen. Ein Wind saugt den Nebel ringsum ins Innere.
Unwillkürlich haben sich die meisten vor dem Maul versammelt. Ungefähr so klug wie Mäuse im Angesicht einer Boronsotter, denken sie und bleiben dennoch stehen, nur Alawin erhebt die Waffe. Klirrend prallt sein Anderthalbhänder ab.
Das Maul verharrt weit aufgesperrt erst, als es vier Schritt hoch ist. Der gefleckte Schädel scheint aus Stein zu sein, die speerartigen Reißzähne aus glitzerndem Metall. Die Augen sind wirbelnde Flammen, in denen Blei glüht. Noch immer pfeift der Wind in den Schlund, während das Feuer, das diesen Schlund bildet, unberührt brennt.
“Heiliger Argelion”, ruft Hexander, “das sind Treppen!”
Jetzt können auch die Helden es sehen. Das lodernde Feuer bildet einen Tunnel, und dort, wo der Hals einer Kreatur wäre, führen rippenartige Bögen hinab.
“Eine Falle”, sagt Idra bestimmt. Ihr Blick und der Raidris treffen sich. Die Helden wissen, dass sie Recht hat, aber auch, daß sie dennoch hinuntergehen werden.
“Das ist nicht der Nachtdämon, den uns der Markgraf beschrieb”, erklärt Thundra.
“Der Trug ist das Wesen der Niederhöllen”, zischt die Praiosgeweihte.
“Er ist dort unten”, sagt Rakorium, seinen Blick halb auf den Erdboden gerichtet. “Das ist nur eine elementarschänderische Manifestation. Beeindruckende astrale Macht, allerdings.”
“Was meint Ihr mit unten?” fragt Idra mißtrauisch.
“Im Inneren des Molchenberges”, antwortet Hexander an seiner Stelle. “Alte Volkssagen und historische, schriftlichen Quellen behaupten, daß der Berg teilweise ausgehöhlt ist.”
“Da unten schläft das Ungeheuer”, hört man die Stimme von Korporal Garnspinner aus dem Hintergrund. Es klingt nicht ängstlich, sondern wie eine allgemein bekannte Tatsache.
“Ja”, bestätigt Hexander, “darüber berichten auch die meisten lokalen Sagen.”
“Abergläubischer Unsinn”, protestiert Hochwürden. “Ammenmärchen aus der Siedlerzeit.”
“Freilich. Die Praioskirche …” Rakoriums Stimme klingt feindselig. “Ihr wollt uns alle in Unwissenheit sterben lassen. Aber die Wahrheit ist, daß die alten Geheimnisse auch die schrecklichsten sind.”
Seine Worte lösen in den Helden gruselige Erinnerungen aus. Sie haben im Zentrum der Maraskankette Dinge gefunden, die viel älter als die Siedlerzeit sind – und man hat tatsächlich Berge gebraucht, um sie zu verbergen. Die Binsenbeck und Rakorium geraten ins Zanken. Sie werfen sich Bösartigkeiten und Vorurteile an den Kopf, die seit tausend Jahren zwischen ihren Gemeinschaften gepflegt werden. Hexander und Praiala versuchen zu vermitteln, aber die beiden Dickschädel hören sie nicht einmal.
Die Helden blicken zu Thundra. Er steht kampfbereit: bereit hinabzusteigen, bereit auch, die Stellung zu halten, bis die philosophischen Streitigkeiten beendet sind. Ein Rondrageweihter ist immer bereit. Auch keine Hilfe.
Dann sieht Raidri Idras Blick. Er deutet mit dem Kopf auf den Eingang. Ihre blauen Augen sind unergründlich, doch dann nickt sie.

Die Rippenstufen sind trocken und stabil, solange man nicht auf die wurmartigen Fortsätze da und dort tritt. Das lautlose Feuer neben und über den Helden gibt keine Hitze ab. Doch als sie es mit der Schwertspitze berühren, wird das Schwert so heiß, daß sie es noch im Griff fühlen! Vorsichtig steigen sie hinab. Der Gestank erinnert sie an die Esse von Meister Eisinger in Gareth: glühender Stahl riecht so. Dazu kommt jener Moder, der über dem ganzen Garten liegt.
In etwa drei Schritt Tiefe – so tief, wie man einen Sarg vergräbt – gabelt sich der Schlund. Vier verschlungene Gänge bohren sich tiefer. Quer dazu läuft ein staubiger Korridor, der wie von Menschenhand gemacht wirkt. Es scheint fast, als ob dies die widernatürlichen Wurzeln der Jaguarlilie wären, die im Inneren des Molchenberges die unterirdischen Anlagen kreuzen. Die verschlungenen Dämonengänge werden vom unheiligen Feuer beleuchtet, während die derischen Stollen im Dunkel der Jahrhunderte liegen.
“Die Wurzel des Übels”, sagt Idra leise. Nach und nach schließen die Anderen auf. Auch die Philosophen haben ihren weltanschaulichen Streit beigelegt – gewiß nur vorübergehend.

Die Helden entscheiden sich die Gruppe aufzuteilen da die Gänge zu schmal sind um mehr als zwei Kämpfern Platz zu bieten und man keine wertvolle Zeit verlieren will. Der Dämon muss noch Tagsüber gestellt werden.

Die erste Gruppe, bestehend aus Rakorium, Idra und Korporal Garnspinner, folgt dem ersten Gang.
Xolame, Hochwürden Binsenbeck und Hauptmann Riemschneider, nehmen den Nächsten.
Dariyon, Praiala und Thundra vom Rathilsteine folgen dem dritten Gang.
In der vierten Gruppe finden sich Tejeran, Alawin, Hexander und Raidri die dem vierten der Dämonengänge abwärts folgen.

Es wird dunkler. Die Wand hinter dem dünner werdenden Feuer entspricht einer metallischen Kruste über bräunlichem Erdfleisch, die ständig aufzuplatzen droht. Der Gang windet sich dahin, bisweilen auch wieder aufwärts. Immer wieder gibt es Abzweigungen.
“Sieht so aus, als ob die Wurzeln ineinander verflochten sind”, bemerkt Hexander. Es scheint den Helden schwer sich zu konzentrieren um nicht die Orientierung zu verlieren. Da ist etwas! Die Helden wenden sich zurück.

Kratzen, Scharren, Schritte. Es kommt aus einem der ovalen Löcher, wo ein anderer Gang vorbeiläuft. Es scheint schwer hindurchzusehen, ohne sich an den ringsum lodernden Flammen zu versengen.
Wohl nochmals vier Schritt tiefer, passieren Tejeran und Alawin einen zweiten natürlichen Gang. Dieser ist deutlich weniger glatt behauen, fast wie ein Bergwerksstollen. Sie steigen hinein, um sich kurz in etwas vertrauterer Umgebung zu entspannen.
“Was bei allen Göttern suchen wir eigentlich?” flüstert Raidri Hexander zu.
“Wir sind in seinem Reich”, stellt der Draconiter fest. “Ich fürchte, er wird uns finden.”
Feuerschein aus dem Bergwerksstollen!
Die Helden laufen vorsichtig einige Schritte, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Das Licht kommt aus einem weiteren ovalen Schnittpunkt. “Rakorium”, rufen die Helden als sie den Erzmagus erkennen. Die Fackel in seiner Hand ist sein verwandelter Zauberstab. Der Magier, der sich sonst immer so gerade hält, als hätte er einen Besen verschluckt, zuckt zusammen.
“Habt Ihr irgendwelche Anhaltspunkte?” fragt Raidri gepreßt.
Rakorium starrt geradeaus wie ein Blinder – oder vielmehr wie ein Seher. “In den Gängen. Nicht immer. Ich nehme an, er materialisiert nur zeitweise. Er folgt uns.” Dabei deutet er mit der Fackel. “Über uns. Jetzt. Hesinde!”
Das letzte war ein Ausruf des Entsetzens. Man hört etwas, das wie kurzes Wasserrauschen klingt. Es kommt von hinten. Die Helden laufen zu Hexander zurück, der bereits in den Flammengang zurückklettert. Er schreit auf, als er sich am Unterarm verbrennt. Dank seiner Erfahrung können die Helden das gleiche vermeiden. Hastig steigen sie den Wurzelgang wieder hinauf um Rakorium’s Gruppe zu hilfe zu eilen.

Plötzlich erlöscht das Feuer im gesamten Gangsystem. Es ist finster wie in einem Grab. Panik wallt in den Helden auf. “Es kann nicht …” Raidri stockt und wendet sich zu Hexander. “Kann es draußen schon finster sein?”
“Unmöglich”, stößt Hexander hervor. “Wir sind keine halbe Stunde unterwegs.”
Die Helden versuchen erst ein Licht zu entzünden doch selbst magische Lichtquellen schaffen es nicht die Dunkelheit zu durchbrechen. Dann entschließen sie sich dazu, zum Trennungspunkt zurückzukehren. Wieder erklingt ein fremdartiges Geräusch, knarrend, so als ob sich ein Riese auf einen alten Sattel setzt.
Dann hören sie einen halb erstickten Schrei. Eine helle Stimme. Idra! Vielleicht auch die Binsenbeck oder Praiala.
“Schneller” Der Weg hinauf ist ungleich anstrengender. Die Helden bekommen auch beunruhigend wenig Luft. Bald geraten sie ins Keuchen.
Ein metallisches Klirren, diesmal eher seitlich der Helden. Was bei allen Niederhöllen geht da vor?
“Das war im Nachbargang”, japst Hexander. “Der Klang läuft die Gänge entlang, darum hören wir es von oben.” Was der Mann alles weiß.
Die Helden kommen zu einer Stelle, die sie nach ausführlichem Tasten für die Verzweigung der vier Wurzeln halten. Schwer zu sagen: Die Gänge sind alle deutlich größer als vorher. Weil das Feuer fehlt? Oder weil …?
“Heilige Noiona”, entkommt es den Helden. Man klettert halt einfach nicht in Mäuler und Schlünde. Sie greifen wieder nach der Wand. Nein, da rührt sich nichts – vermutlich.

Sie rufen nach ihren Gefährten. Keine Antwort.
Statt dessen beginnt eine Frauenstimme zu singen.
“Ein gurvanianischer Choral”, flüstert Hexander berührt.
“›Hebe hinweg, Herr Praios, die Angst und Not.‹”
Tatsächlich geht eine seltsam beruhigende Wirkung von dem Lied der Praiosgeweihten aus.
Hexander versucht vergeblich, eine Fackel zu entzünden. Jeder Funke verschwindet in einer stinkenden Wolke. Vorsichtig steigen sie erneut in die Finsternis hinab. Tropfsteine bohren sich im Dunkeln in die Knie der Helden. Der Choral sickert den Helden noch immer entgegen, etwas ferner vielleicht. Sie rufen nochmals.
“Ich glaube, die Mühe können wir uns sparen”, sagt Hexander bedächtig und betont. “Ich überlege gerade: Wenn er mit der Luft tun kann, was er mit Stein und Humus und Feuer tut …
Ich denke, wir hören ebensowenig wie die anderen von uns.”
“Und der Choral?”
“Praios’ Bann kann die Macht der mächtigsten Magier brechen. Gewiß bricht er auch einen niederhöllischen Fluch.”

Die Helden tasten sich weiter. Sie erwägen, Markierungen zu hinterlassen. Aber ohne Licht sind auch die sinnlos. Doch langsam bekommen sie ein Gefühl für die Anlage – sofern sie sich nicht verändert. Eigentlich, glauben sie, müssen sie schon wieder so tief hinabgestiegen sein, wie sie in ›ihrem‹ Gang vorgedrungen waren. Plötzlich gleiten sie mit den Füßen mit schmatzenden Geräuschen aus.
“Worauf sind wir ausgeglitten?”, fragt Hexander “Hier kann es keine Feuchtigkeit geben. Kein Wasser, kein Eis.”
Im gleichen Augenblick erkennen sie den Geruch. “Das war kein Wasser”, sagt Tejeran schwer. Den Helden graust bei dem Gedanken an das, was sie finden würde. Sie sind oft genug auf Schlachtfeldern hineingetreten.
“Wer ist es?” fragt Hexander gepreßt.
Lederrüstung mit Nieten, ertasten die Finger der Helden. Sie können den Kopf nicht finden. Feiner Stoff über der Rüstung. Ein Wappenhemd.
“Riemschneider oder Garnspinner”, ist schließlich die Antwort. “Boron sei seiner Seele gnädig.”
“Golgari, errette seine Seele”, deklamiert Hexander. Das war kein simpler Segen. Das war ein Stoßgebet an den Totenvogel. Beklemmend wird den Helden klar, daß in diesem Kampf auch ihre unsterblichen Seelen in Gefahr sind.

Mit blendender Gewalt entflammen die Wände. Der Schmerz scheint den Helden die Augen aus dem Kopf zu brennen. Unter Aufbietung aller Willenskraft springen sie auf und ziehen ihre Waffen. Als sie durch die flirrenden Punkte in ihren Augen etwas erkennen können, rennen sie los. An der nächsten Biegung steht Hochwürden Binsenbeck. Sie hat die Linke abwehrend erhoben, ebenso das Sonnenszepter. Dabei geht sie rückwärts. Das ist etwas, was Praiosdiener so gut wie niemals tun.
“Rondra”, brüllt Raidri und stürmt heran, dicht gefolgt von Alawin. Als die Helden um die Ecke kommen, wünschen sie sich, es nicht getan zu haben. Die monströse Gestalt füllt den ganzen Gang aus. Der Pantherschädel ragt ebenso in die lodernden Flammen wie die leicht angewinkelten Schwingen. Allein die Beine mit den gewaltigen Fersendornen sind so groß wie die Priesterin. Eine fast tierhafte Angst lässt die Helden zurückweichen.

Der Nachtdämon stampft auf sie zu. Die Priesterin beginnt ein Gebet zu stammeln. Die riesige Gestalt bleckt Hauer aus blitzendem Stahl, zwischen denen eine wurmartige Zunge tanzt.
“Zurück”, schreit Hexander von hinten. Der Boden unter Hochwürden Zidonia hat zu glühen und schmelzen begonnen. Hexander zerrt die Frau zurück und stürzt mit ihr. Wo sie eben noch gestanden hat, brodelt ein Lavateich. Ein Inferno aus kochendem Stein, der den Gang zwischen den Helden und ihren Gefährten unpassierbar macht.
Der Nachtdämon wendet sich ihnen zu.
Sein Schädel ist unübersehbar Vorbild des Riesenschädels, in den sie eingedrungen sind. Die flammenkreisenden Augen richten sich auf die Helden. Sie fühlen, wie der Boden zu beben beginnt. Als das Knarren wie ein, gequälter Sattel erklingt, werfen sie sich ohne nachzudenken zurück. Dröhnend bohren sich vor ihnen vier Stalagmiten in die Höhe! Das Monstrum dreht ihnen den Rücken zu und stapft mitten durch die Lava auf die zwei Geweihten zu. Seine Gestalt verdeckt den Helden jeden Blick. Er scheint klauenbewehrte Arme zu haben und einen Schwanz, der in einer klirrenden silbernen Spitze endet. Zwei Hörner an den Fersen, eines am Schwanz. Die Helden betasten die Barriere, die ihnen bis zur Brust reicht. So ist die andere also hergekommen. Sie versuchen sich vorbeizuzwängen, aber diese ist verdammt hoch. Als es den Helden gelingt und sie den Boden erreichen, ziehen sie erneut blank und rennen los. Tejeran zaubert einen AXXELERATUS und Alawin, der sich mit dem Schwert in der Hand dem Dämon stellt. Hexander steht oben, ganz weit hinten an der anderen Barriere, wo die Geweihte liegt. Der Nachtdämon hat die Praiospriesterin mit seinen Schwingen gepackt und hebt sie hoch.
Ihre Beine zappeln. Wie eine Puppe stösst er sie gegen die Gangwand. Sie schreit auf, als das Höllenfeuer sie umhüllt.
“Rondra”, brüllt Raidri erneut. Die Helden greifen an. Raidri und Alawin holen mit den Waffen weit aus und schlagen zu. Der Aufprall schlägt ihnen die Klingen fast aus der Hand. Funken sprühen.
“Hlûthar, steh uns bei! Das Monstrum ist aus massivem Stein!”
Dennoch lässt ihr Gegner die Priesterin los. Sie fällt zu Boden. Ihr Rücken ist eine dampfende Masse aus verkohltem Goldstoff und bratendem Fleisch.
Hexander stürzt heran und greift nach ihrem Arm. Der Nachtdämon trifft ihn mit einem Rückhandschlag der linken Schwinge und fegt ihn zurück zu der Barriere.
Hinter den Helden ertönen eilige Schritte. Sie werfen einen schnellen Blick über die Schulter. “Rakorium, endlich”
“Silentium im ganzen Gangsystem”, sagt er, als wäre das eine Erklärung dafür, daß er erst jetzt kommt. Raidri versucht zusammenfassen: “Das Ding ist …”
“… unverwundbar bei Nacht”, unterbricht Rakorium, “das sagte uns der Draconiter.”
“Es ist aber nicht Nacht”, protestiert Raidri. “Draußen muß doch Tageslicht sein, vor allem am Molchenberg.”
Der Nachtdämon hat sich indessen umgedreht und geht wieder auf Hexander los. Der hebt seinen Kampfstab und versucht, dem unbesiegbaren Gegner auszuweichen. Zwischen Stalagmiten und Feuerwänden hat er kaum eine Aussicht. Korporal Garnspinner hat sich indessen vorgedrängt und packt die röchelnde Praiosgeweihte unter den Armen.
“Kopf weg, Soldat”, ruft Tejeran. Garnspinner glotzt kurz und duckt sich. “Ignifaxius Flammenstrahl”, dröhnt Tejeran und stößt dem Dämon die Hand entgegen. Die Helden habe bei diesem Zauber Menschen und Raubtiere einfach tot umfallen sehen. Der Höllenbewohner scheint ihn nicht einmal zu bemerken. “Oha”, sagt Tejeran.
Die Helden stürmen erneut los. Hexander braucht jede Hilfe. Als sie den Dreigehörnten von hinten sehen, erinnern sie sich an eine alte Sage: Der Held Ilkhold hatte mit Gnor’akir einen Dämon erschlagen, indem er ihm drei Hörner abschlug. Klickend fällt Hexanders Stab auf den Boden. “Heiliger Argelion, steh mir bei”, ruft der Draconiter, als er hochgehoben wird. Die Krieger plazieren mit all ihrer Kraft gezielte Hiebe auf das Schwanzhorn. Die Wirkung sind zwei unscheinbare Kratzer. Soviel zu den alten Sagen. “Rondra”, kommt ihnen ein Ruf entgegen. Thundra! Aber auch er wird, jenseits der Barriere, für Hexander zu spät kommen. Dieser stöhnt auf. Der Nachtdämon hat ihn zur Decke gehoben, aus der peitschende Ranken und Wurzeln zu wachsen beginnen.
“Schießt ihn runter”, brüllt Raidri über die Schulter. “Holt ihn runter! Egal, wie!”
Rakorium sieht erstaunt aus. Dann hebt er den Zauberstab an einem Ende und wirft ihn in Richtung Hexander. Im Flug verwandelt sich der Stab in ein blau loderndes Flammenschwert.
Tejeran wirkt einen PARALY auf Hexander und rettet ihn vor dem Tod in den lodernden Flammen in die ihn die dämonischen Pflanzen zerren.
Hexanders Oberkörper ist bereits vollständig von den Flammen verschluckt, als ihn das Schwert erreicht. Kurz steht es knapp unter der Decke, dann schlägt es zu. Hexander kippt kopfüber herunter und prallt gegen den Nachtdämon. Erde und Ranken prasseln mit. An den Beinen hängt der paralysierte Draconiter noch fest.
“Im Namen Rondras, dreh dich um, Höllenkreatur”, brüllt Thundra. Der Nachtdämon reagiert tatsächlich.
Während er sich umdreht, packt er Hexander und schleudert ihn beiläufig weg wie eine Puppe.

“Rakorium”, brüllt Raidri. “Wir müssen den Dämon zum Tageslicht bringen.”
“Das wird nicht …”, murmelt der alte Uhu. “Aber das Tageslicht zum Dämon …” Dann tritt er einige Schritte vor. Die Helden versuchen, ihn zu decken, aber der Dämon richtet ohnehin seine ganze Aufmerksamkeit auf Thundra. Wieder ein Geweihter! Verfolgt er die drei mit besonderem Haß? Rakorium hat indessen die Linke mit gespreizten Fingern gen Himmel gehoben. “Desintegratus Pulverstaub”, ruft der Magus. Von seiner Hand scheint ein Kegel himmelwärts zu wachsen. Feuer, Erde und Stein verschwinden. Wie eine Himmelsmacht fällt Sonnenschein herein. Der Gehörnte brüllt, nein, das gesamte Gewölbe brüllt. Die Stimme kommt von überall gleichzeitig. Der Boden erbebt, Staub wirbelt von den Wänden, die Feuer lodern heftiger.
“Deckt mich”, befiehlt der Magier. Die Helden springen dem Dämon wieder entgegen, der sich ihnen indessen zugewandt hat. Rakorium agiert mit weltvergessener Verbissenheit. Für ihn scheint das ein spannendes Experiment zu sein, während sechs Schritt neben ihm der Nachtdämon tobt. Er berührt beinahe die Rücken der Helden, als er erneut die Hand hebt. Natürlich! Er muss das Sonnenlicht so nah wie möglich an den Feind heranbringen. Als die Helden zuschlagen wollen, wischt der Nachtdämon sie einfach beiseite. Sie rollen sich ab und schürfen über den Stein. Doch da ist schon die nächste Sonnensäule gewachsen. Wieder brüllt das ganze Labyrinth auf. Das Beben reißt die Helden, ehe sie hochkommen, erneut von den Beinen. Die Flammen züngeln bis in die Mitte der Gänge. Diesmal haben die Wände sich bewegt! Hinter ihnen, tiefer unten, erklingt ein tiefes Dröhnen. Die Helden versuchen zu begreifen, was nun geschieht. Das gesamte Gangsystem bricht zusammen – von unten nach oben! Aus den Tiefen wächst eine Lawine aus Stein, Erdreich, Feuer und Sturm daher.
Korporal Garnspinner und die leblose Praiosgeweihte werden von den geschändeten Elementen beinahe heraufgespült. Rakorium und Hexander sind die nächsten. Der Magier hebt den Zauberstab und lässt ihn kreisen. Ein magisches Feld legt sich um die Helden. Drei Schritt, bevor die Lawine die Helden erreicht, werden sie zurückgeworfen. Irgend etwas trifft sie mit der Kraft von zwanzig Pferden. Und über all dem dieses Brüllen!

Als die Helden die Orientierung wiedergewinnen, liegen sie in einem Gesträuch – unter freiem Himmel. Es gibt kein Fleckchen Haut und keinen Knochen, die nicht schmerzen. Vor ihnen liegt der Erzmagier, dessen Schutzschild sie gerettet hat. Mehr zappelnd als kämpfend befreien sie sich aus dem Gestrüpp. Im Zentrum des Rosengartens ist ein gewaltiger Krater, teils aufgeschüttet, teils, so ist zu vermuten, eingebrochen. Aus dem übermannshohen Schuttwall ragt der Leichnam des Korporals: zerschmettert, verbrannt, auch wohl erstickt. Auf halbem Weg liegt Hexander. Sein Arm steht seltsam ab. Er wurde wohl paralysiert emporgeschleudert, doch ist er vorher schon so übel zugerichtet gewesen …
Etwas abseits liegt Thundra. Sein Gesicht ist eine einzige Wunde, doch seine Lippen bewegen sich.
Raidri kniet nieder.
“Haben wir ihn …?” flüstert Thundra.
“Sieht so aus, alter Freund”, sagt Raidri und untersucht ihn. Das Kettenhemd scheint den meisten Schaden abgefangen zu haben; vielleicht rettete es ihm das Leben.
Alawin und Tejeran blicken sich um, Idra erhebt sich ganz in der Nähe, von Dariyon, Praiala und Xolame fehlt jedoch jede Spur. “Raidri”
Der Schwertkönig wendet sich zu den Helden um.
“Laß uns nachsehen!”
Sie haben recht. Man feiert nicht, man versorgt nicht einmal die Wunden, bevor man nicht weiß, daß man allein auf dem Schlachtfeld ist. Langsam gehen sie zusammen auf den Krater zu. Rakorium kommt unterdessen stöhnend zu Bewußtsein.
Sie erklimmen den Erdwall, vorbei an dem toten Korporal. Irgendwo da unten liegt vermutlich auch die Leiche der Praiosgeweihten.
Den Helden ist nicht klar, was für einen Anblick sie erwartet hatten. Doch mitten im Krater, umgeben von etlichen Schritt tief aufgewühltem Boden, steht unbeschadet die Jaguarlilie im Sonnenlicht!

“Zu den Niederhöllen damit”, stöhnt Raidri auf. “Auf irgendeine Weise müssen wir dringewesen sein – in dieser Blume. Und als das Sonnenlicht hineinfiel, hat sie uns … ausgekotzt.”
“Ja”, sagt Idra einfach, “aber der Nachtdämon ist noch immer darin.” “Dann werden wir dieses Höllenunkraut jetzt jäten!” Mit diesen Worten steigen die Helden die innere Kraterwand hinab.
Da und dort qualmt das Erdreich noch. Nahe der Lilie sehen sie zwei Löcher, durch die man bis in den unterirdischen Stollen sehen kann. “Achtung!” Die Jaguarlilie bläht sich in einem Wirbelsturm voll von Funken und metallischem Blitzen auf. Die Säule wächst vier Schritt hoch und verfestigt sich dann zu der Gestalt des Nachtdämons. Krachend entfaltet er seine Schwingen auf volle Breite.
“Ihr habt mein Inneres verbrannt”, dröhnt seine Stimme, als käme sie aus den tiefsten Tiefen eines Berges. “Dafür werdet ihr mit euren Seelen bezahlen.”

Der Nachtdämon macht eine Bewegung, als wolle er Alawin umarmen. Die Helden erschrecken, wie wenig sechs Schritt Abstand sind.
Sie hören ein Knistern links zu ihren Füßen. Sofort springen sie zur Seite. Ein Rosenstrauch kämpft sich aus der Erde hervor wie ein wildes Tier. Seine dornigen Zweige peitschen hinter den ausweichenden Helden her. “Es leuchtet nicht mehr”, sagt Idra jenseits des Strauches halblaut. Sie blickt auf ihr Schwert.
Verflucht, natürlich hat Rakorium nur eine Anwendung des magischen Lichtes gewirkt – und die hat Idra im Inneren der Jaguarlilie verbraucht.
Ihre Waffe wird keinerlei Wirkung zeigen. Schon wendet sich das Monstrum ihr zu. Knatternd öffnet es die Flügel und stampft los.
Es sinkt in der aufgewühlten Erde nicht ein, ja, hinterlässt nicht einmal Fußspuren. Idra weicht zurück, blickt dabei immer wieder über die Schulter.
Für die Helden jedoch ist das Terrain sehr wohl hinderlich.
“Rondra”, ruft Alawin die Göttin um Beistand an. Mit zwei Sprüngen setzt er über die Gräben und greift von schräg hinten an.
Das Schwert fährt fetzend durch die Flederschwinge und schlitzt die Hüfte des Dämons. “Hlûthar”, ruft Raidri begeistert und greift ebenfalls an.
Es ist Alawin, als ob er auf einen massiven Plattenpanzer schlagen würde, so massiv ist die dämonische Panzerung des Nachtdämons. Wo er getroffen hat ist eine klar erkennbare Spalte zu sehen, aus der Funken und Rauch sprüht. Das muss die Wirkung des Sonnenlichtes sein.
Zu früh gefreut! Ein Rückhandschlag der Schwinge streift Raidri und wirft ihn in den Graben.
Erde spuckend klettert er wieder heraus. Idra ist schon fast bis zum Fuß des Kraterwalles zurückgewichen, und der Dämon folgt ihr beharrlich.
Raidri beginnt zu laufen. “Nach rechts”, ruft er. “Sie hat keine brauchbare Waffe!”. Raidri setzt über einen Graben, während sie seitlich ausbricht.
Der Feind dreht sich nach ihr um und lässt donnernd eine Feuersäule vor ihr wachsen. Idra stoppt und wirbelt herum. Der Dämon öffnet begehrlich seine Schwingen.
“Hier!”, ruft Raidri und wirft eines seiner Schwerter. Radschlagend wirbelt es zwischen den beiden hindurch und bohrt sich mit der Spitze in den Boden. Idra geht in die Knie und packt die Waffe. Dabei wächst das Ungeheuer vor ihr in die Höhe.
Dann sieht man wie sie mit der schwarz blitzenden Klinge ausholt – da schlagen die gewaltigen Fledermausflügel über ihr zusammen.
Der Nachtdämon hat die Schwingen vor der Brust gefaltet. In Brusthöhe stehen Idras Beine heraus. Sie kämpft und tritt nach ihm.
Endlich sind die Helden heran. “Ich komme!” Beidhändig holt Alawin aus und zieht die Klinge senkrecht durch, so kräftig, daß er den Hieb bis in die Schulter fühlt. Die Wunde ist fast einen Schritt lang. Feuerregen sprüht ihnen entgegen. Der Nachtdämon öffnet die Schwingen und dreht sich um. Idra stürzt herab, das Schwert noch in der Hand. Alawin tänzelt, duckt sich und versucht, den Angriff des Niederhöllischen vorherzusehen. Als er die Flügel ganz geöffnet hat, kommt die Windböe. Der Stoß hebt Alawin aus und schleudert ihn rücklings auf die Erde. Er versucht, sich abzurollen, als er aber aufkommt, öffnet sich der Boden unter ihm. Mit den Schultern voran sinkt er in einen Haufen schwarzer fauliger Gartenerde. Eine namenlose Panik ergreift ihn. Nun geht es ihm ans Leder. Er spürt Angst und Wut, macht sich steif wie ein Brett.
Mit abgespreizten Gliedmaßen stemmt Alawin sich aus seinem Grab.
Er kann hören, wie die Sehne an seiner linken Schulter reißt, und fühlt, wie der Arm nachgibt. Aber er ist draußen.
Sein erster Blick gilt Idra. Wo sie gelegen hat, sind metallene Spitzen in die Höhe gewachsen.
Der Nachtdämon hat wieder die Schwingen zu seiner tödlichen Umarmung geschlossen – und diesmal sind nicht einmal Idras Beine zu sehen.
Noch einmal kommt er zum Stehen.
Die andere Seite. Er wechselt mit humpelnden Sprüngen hinüber. Irgend etwas ist mit seinem Bein. “Idra, halt durch!”
Unvermittelt öffnet der Nachtdämon seine Schwingen und lässt die brennende Heldin reglos zu Boden stürzen während eine Säule aus dämonischem Feuer unter Alawin aus dem Boden schießt.
Alawin springt hindurch und holt weit aus, doch der Dämon lässt ihn in die gestreckte Klaue laufen. Während der Schwerthieb nur über den dämonischen Panzer kratz spürt der Krieger wie der Dämon ihm mit der Klaue geradezu das Leben aus dem Körper reißt. Keine derische Rüstung schützt vor diesem Geschöpft.
Alawin prallt zurück und Raidri wird von einem Schwanzfeger zu Boden geworfen. Mit dröhnendem Lachen entfesselt der Nachtdämon erneut einen unheiligen Rosenstrauch, der unter dem gestürzten Schwertkönig emporsprießt und ihn am Boden hält.
Raidri stemmt sich dagegen und windet sich in den Ranken. Alawin stößt erneut zu, doch diesmal etwas defensiver, der Dämon wendet sich jedoch gegen Rakorium. Eine Orkanböe trifft den Erzmagier und schleudert ihn zurück. Stöhnend landet er in einer Kolonie dämonischer Pestsporenpilze. “Hierher!”, ruft Tejeran und zaubert einen GARDIANUM. Hexander humpelt zu ihm und beginnt zu beten. “Im Namen Hesindes, der Herrin Rondra und ihrer göttlichen Geschwister: Unheiliges Gezücht, weiche zurück!”
Lachend wendet sich der Nachtdämon erneut ab und tötet demonstrativ den schwer verletzten Korporal vor den Augen der Helden, die sich mit magischem und geweihtem Schutz umgeben haben.
“Nein!”, schreit der immer noch in den Ranken verstrickte Raidri als der Dämon seine Schwingen öffnet um Alawin, den einzigen verbliebenen Kämpfer, zu packen.
Gerade um Haaresbreite gelingt es dem albernischen Krieger dem Angriff zu entgehen und zurückzuweichen. Da schießt auch schon eine Flammensäule empor. Mit einer solchen Gewalt bedrängt der Nachtdämon den Krieger, dass er zu gar keinen eigenen Angriffen kommt. Als es Raidri gelingt sich zu befreien kommt er gerade rechtzeitig um den Dämon von Alawin abzulenken der bereits dem Tode nahe ist.
Während der Schwertkönig ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben unter Aufgabe jeder Verteidigung angreift gelingt es Alawin einen Heiltrank einzunehmen und den Dämon mit einem Hammerschlag zu treffen. Im selben Augenblick lösen sich zwei Kugelblitze aus den Augen des maraskanischen Zauberers und schlagen in den Nachtdämon ein.
Die Helden zucken zurück, als sie das Geräusch sich faltender Schwingen hören. Die Flügel flattern wie ein zerfetztes Segel im Wind, als sie sich um den Nachtdämon legen. Die Selbstumarmung scheint noch zu bestehen, als sich der Leib bereits mit hundert Sprüngen überzieht, auch dann noch, als er in tausenden von Brocken zerfällt und zerbirst. Widerliche Reste wirbeln den Helden um die Ohren.

Der Kampf ist vorbei. Der Nachtdämon ist besiegt. Zerfallen in stinkende Asche und glosende Brocken sich langsam auflösenden Fleisches. Einige Minuten verstreichen ehe die Helden sich sicher sind, dass sie den Sieg errungen haben. Immer noch ist der Burggarten von bösartigen daimoniden Pflanzen überwuchert. Nach der ersten Wundversorgung wird den Helden ihre Lage bewusst. Rakorium, Tejeran, Alawin, Idra, Raidri, Thundra und Hexander sind schwer verletzt aber am Leben. Die Leiche Korporal Garnspinners ist kaum noch identifizierbar. Die von Hochwürden Zidonia von Binsenbeck und Hauptmann Riemschneider sind wenn, dann nur mittels langer Grabungen zu bergen. Praiala, Dariyon und Xolame sind verschollen, wahrscheinlich verschüttet, in den Gängen unter dem Molchenberg.

Nachdem die Helden sich etwas erholt haben beginnen sie damit die Löcher im Krater freizulegen. Plötzlich kommt es zu einem Erdrutsch. Alawin, Idra und Tejeran stürzen in die Tiefe und finden sich in einer dunklen Kaverne wieder. Durch die Einsturzstelle über ihnen sind so viele Felsen und Steinbrocken nachgerutscht, dass sie keine Möglichkeit sehen auf diesem Weg wieder zurück zu gelangen. Im Licht von Tejerans Ewiger Flamme sehen sie sich um und finden mehrere Ausgänge. Sie scheinen sich in einem weitläufigen Netz uralter Höhlen zu befinden.

Die Helden wandern durch die Höhlen. Schutt und Geröll machen es ihnen schwer voranzukommen, immer wieder gibt es Stellen an denen sie Klettern müssen und die schroffen, natürlichen Felswände werfen Schatten in denen man leicht Abzweigungen oder versteckte Feinde übersehen kann. Bald haben sie die Orientierung verloren und sich in den weit verzweigten Gängen des Höhlenlabyrinths verlaufen.

Schließlich erreichen sie einen Gang der an seinem Ende zugemauert wurde. In der Mauer befindet sich eine Tür aus uraltem Holz. Die Helden öffnen sie und finden eine Gruppe von Orks. Die Schwarzpelze greifen sie ohne zu zögern an, doch die Helden behalten die Oberhand. Tejeran hat den Anführer der Orkbande paralysiert und als sie ihn befragen finden sie heraus, dass die Orks einem menschlichen Zauberer namens Dracul dienen. Sie suchen für ihn nach Schätzen im Molchenberg, der jedoch auch Gefahren birgt.
Ein Sonnenszepter liegt neben der Feuerstelle und der Ork bestätigt, dass sie eine Praiotin in den Stollen gefunden haben. Diese wurde getötet und von den Orks gefressen. Erschrocken fragen die Helden wann dies war und als der Ork bestätigt, dass es mehrere Wachwechsel her ist hoffen die Helden, dass es sich nicht um Praiala handelt sondern vielleicht um die vermisste Inquisitorin aus Beilunk, Praiosnai von Weißensee.
Nachdem die Helden die Kriegskasse geplündert haben fesseln sie den gefangenen Ork und machen sich wieder auf die Suche.

In einem angrenzenden Gang treffen sie auf eine Orkpatrullie und schließlich, hinter einem dämonischen Spiegel, auf die Halle des Zauberers Dracul. Dieser, ein greiser norbardischer Magier, begegnet ihnen mit einer erschreckenden Illusion, hetzt vier Orkkrieger auf sie und bezaubert Alawin und Idra mit einem Schwächungszauber. Als die Helden nun stark geschwächt sind hetzt er Tejeran, den maraskanischen Verwandlungsmagier, mittels KARNIFILO auf sie und teleportiert sich weg. Die Helden können gerade noch fliehen bevor Tejeran sich in Tierform auf sie stürzt. Nachdem der Zauber von ihm abgefallen ist untersuchen die Helden die Halle und finden im Lager Draculs eine goldene Brosche und zwei Briefe.

Erster Brief des Korobar

Sechronoth¹ Dracul!

Akilja hat einen Zugang zum Inneren des Molchenberges gefunden. So die Legenden in den alten Schriften der Wahrheit entsprechen befindet sich Karasuk’s Vermächtnis im Inneren des Burgberges.
Es steht zu vermuten, dass ihr auf bewaffneten Widerstand durch seine auf ewig gebundenen Diener trefft. Nehmt sicherheitshalber genug Waffenknechte mit.
Wie ich schon bei unserem Gespräch in Weiden anmerkte ist es mit den richtigen Zaubern und den nötigen Druckmitteln ein Leichtes eine Sippe der abergläubischen Schwarzpelze der Schwarzen Sichel in eure Dienste zu zwingen.
Akilja erwartet euch “Am alten Pranger”, fragt nach “der hübschen Schankmagd” wenn ihr sie nicht dort antrefft. Für alle Fälle, der Eingang zum Berg führt durch die Familiengruft derer von Dornmoor. Akilja hat mit Schattenkreide einen Zinken angebracht der euch den Weg weist, sofern sie es nicht selber tut.
Achtet darauf, dass die Stadtgarde eure Anwesenheit nicht bemerkt.
Eure höchste Priorität ist die Ingredienz sicherzustellen. Alle anderen Pläne sind zweitrangig. Jegliche Mitstreiter sind entbehrlich. Sendet einen Botenvogel sobald ihr liefern könnt.

Vi veri Tijakool² mortem vivus vincimur!³
Korobar

¹ … Alaani für “Wichtige Nachricht”
² … Der Name Tijakool gleicht der Lautschrift des Zahyad für den gesprochenen Teil des Thesiskerns des Wahren Namens der Herrin der Untoten. Eine unter Schwarzmagiern übliche Verwendungsweise während Weißmagier aus Vorsicht nur Umschreibungen verwenden. In der Grauen Gilde wird aus Respekt vor der Macht des Zahyad üblicherweise stattdessen das echsische Zelemja (In diesem Fall der Name “Thargunitoth”) verwendet.
³ … Bosparano für “Mit der Macht von Tijakool werden wir den Tod besiegen”

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Zweiter Brief des Korobar

Victoria aut mors¹ Dracul!

Wir haben die Lieferung erhalten!
Das Ziel ist zum Greifen nahe.

Die Katakomben des Molchenberges sollten euch für eure Arbeit mehr als entschädigen.

Vi veri Tijakool² mortem vivus vincimur!³
Korobar

¹ … Bosparano für “Sieg oder Tod”
² … Der Name Tijakool gleicht der Lautschrift des Zahyad für den gesprochenen Teil des Thesiskerns des Wahren Namens der Herrin der Untoten. Eine unter Schwarzmagiern übliche Verwendungsweise während Weißmagier aus Vorsicht nur Umschreibungen verwenden. In der Grauen Gilde wird aus Respekt vor der Macht des Zahyad üblicherweise stattdessen das echsische Zelemja (In diesem Fall der Name “Thargunitoth”) verwendet.
³ … Bosparano für “Mit der Macht von Tijakool werden wir den Tod besiegen”

[Einklappen]

Nach einer kurzen Rast machen sich die Helden erneut auf den Weg. Immer wieder finden sie weitere Kreuzungen und Irrwege. Hier und da entdecken sie auch Fallen wie Druckplatten die Klingen aus der Wand fahren lassen und eine riesige Steinkugel die sich plötzlich in Bewegung setzt. Gerade noch können die Helden sich auf ihrer Flucht hinter einige Felsen retten. Die Steinkugel reißt eine steinerne Wand nieder.
Hinter dem Wanddurchbruch gelangen die Helden in einen uralten Gang. Von Wänden und Decke gefallene Steine liegen auf dem Boden. Wasser tropft unablässig von der Decke und bildet kleine Pfützen. Nie zuvor gesehene Pilzgeflechte überwuchern an zahlreichen Stellen die Steine, und ein modrigscharfer Geruch liegt in der Luft. Es gibt immer wieder Stellen, an denen die Decke eingestürzt ist, so dass man über Geröll steigen muss. Als ihr kurz inne haltet, meint ihr neben dem stetig tropfenden Wasser ein weiteres Geräusch zu vernehmen. Oder ist es ein Gefühl? Es klingt wie zwei gigantische Mühlräder, die sich gegeneinander drehen und eine Beklemmung in euch auslösen. Unwillkürlich müsst ihr an Geschichten und Legenden denken, die man sich über den Molchenberg erzählt.
Sie erreichen eine natürliche Höhle die wie ein unterirdischer Megalithbau wirkt. Den hinteren Teil der Höhle bildet ein scheinbar bodenloser Abgrund, in dessen Nähe das beklemmende Gefühl beinahe unerträglich wird. Im Zentrum der Höhle thront eine etwa vier Schritt hohe Stele aus dunklem Gestein, umgeben von Steinstatuen. Um sie herum sind im Kreis aufgetürmte Steinhaufen zu erkennen. Erst bei genauerer Betrachtung können die Helden erkennen, dass es sich um die Statuen von Trollen handelt. Sie sind über drei Schritt hoch, die langen zotteligen Haare und der Bart reichen den Trollen fast bis zu ihren Gürteln, über die Schultern scheinen sie Felle wilder Tiere geworfen zu haben. Seltsamerweise wurden die Statuen so errichtet, dass sie sich mit den Händen an die Stele klammern, und ein schmerzverzerrter Ausdruck ist in den Gesichtern der Trolle zu erkennen. Die Statuen wirken fast lebendig … Die Steinhaufen um sie herum sind in einer seltsamen Anordnung im Kreis um die Stele aufgetürmt und scheinen keinem erkennbaren Zweck zu dienen. Die Stele selbst ist übersät mit archaischen Zeichen und seltsamen Piktogrammen.
Tejeran versucht mit einem ODEM zu erkennen ob die Stele von Magie durchflossen ist, der Zauber verursacht jedoch nur einen gleißenden Lichtblitz.
Die Helden kommen zu der Überzeugung, dass es sich um eine Stele trollischer Herkunft handelt deren Magie vielleicht jene Macht eindämmt deren schreckliche Präsenz in der Nähe des bodenlosen Abgrundes greifbar wirkt.
Schließlich wandern die Helden weiter. Sie beginnen Karten zu zeichnen, nach Fallen zu suchen und sich vorsichtiger fortzubewegen um weitere Konfrontationen vermeiden zu können.

In einem Gang entdecken sie eine Abzweigung die zu einem eisernen Fallgitter führt, das wohl über einen Mechanismus bewegt werden kann. Allein das Gewicht ist zu groß um es per Hand anzuheben. Der Mechanismus scheint magisch zu sein und sich in der Felswand zu befinden. Im Boden unter dem Gitter befindet sich mittig im Gang eine handtellergroße, glattpolierte Mulde im Stein. Am Schlussstein des Torbogens entdecken die Helden ein Relief das ein auf die Spitze gestelltes Quadrat darstellt.
Nachdem sie keinen Weg gefunden haben den Durchgang zu öffnen, kehren sie erneut zur letzen Abzweigung zurück und suchen weiter.

Schließlich erreichen die Helden eine Höhle in der ein großer Steingolem den Weg blockiert. Hinter ihm befindet sich ein steinernes Portal. Es gelingt ihnen den Steingolem zu überwinden und dank Phexens Handschuhen schafft Idra es den geheimen Mechanismus zum öffnen des Steinportales zu aktivieren.
Dahinter befindet sich ein quadratischer Raum der aus dem Fels gehauen wurde. Durch kurze Trennwände sind ringsherum elf Nischen abgeteilt. Der Raum ist in ein gedämpftes Licht getaucht, das aus einer großen Öffnung in einer Zwischendecke nach unten fällt. Die Lichtquelle ist von unten jedoch nicht auszumachen.
Vor den Nischen finden sich im Boden Reliefsteine die verschiedene Symbole zeigen.

  • Der Reliefstein vor der ersten Nische zeigt ein Auge aus dem ein Blitz schlägt. Die Nische selber wird von einem nachtschwarzen Vorhang verschlossen.
  • Die Abbildung vor der zweiten Nische ist ein Schwert das im Fels steckt. In der Nische liegt ein gewaltiger Felsbrocken, den wohl zehn Männer nicht heben könnten. In dem Stein steckt ein schmuckloses Schwert.
  • Am Boden vor der dritten Nische findet sich ein Reliefstein der einen Brillanten zeigt. Dahinter liegt ein kleiner Gegenstand am Boden, der von einem Tuch verdeckt wird.
  • Der Reliefstein der vierten Nische ist eine Intarsienarbeit die ein Sechseck zeigt aus dessen Seiten Pfeile nach Außen zeigen. Die Linien sind mit feinem Golddraht in den Stein eingelegt. In der Nische selbst liegt am Boden eine schwarze Basaltplatte. Sie ist etwa einen Schritt im Durchmesser und auf das feinste poliert. In der Mitte der Platte ist eine handtellergroße Scheibe aus Mindorium eingelegt, auf der das mit Sorgfalt ziselierte Bild eines abnehmenden Mondes zu erkennen ist. Direkt über der Basaltplatte befindet sich an der Zwischendecke eine etwa einen halben Schritt große kreisrunde Scheibe. Sie ist von dunkelroter Farbe und sieht aus wie Glas. Die magische Macht ist selbst für Nichtmagier beinahe greifbar. Als die Helden die Anordnung erblicken erinnert es sie deutlich an die Dunklen Pforten in Borbarads Schwarzer Feste aber auch im Tal Liscoms von Fasar.
  • Vor der fünften Nische befindet sich ein Reliefstein der ein wehendes Banner über einem Pfeil zeigt. In der Nische steht eine übermannsgroße schwarze Holzstange mit silberglänzender Spitze. Um den oberen Teil der Stange ist ein braunes Tuch gewickelt, welches von ledernen Schnüren zusammengehalten wird. Das Banner sieht sehr alt aus, vermodert ist es jedoch überhaupt nicht.
  • Die sechste Nische hat keine Abbildung auf dem Reliefstein und scheint zudem vollständig leer zu sein.
  • Der siebte Reliefstein zeigt eindeutig einen Drachen. Welcher Zusammenhang aber zu der schlichten Eisenkugel besteht, die in der Nische liegt, ist rätselhaft. Die Eisenkugel hat einen Durchmesser von etwa 12 Finger. Die Oberfläche ist rußgeschwärzt und nicht verziert. An einigen Stellen sind Schrammen, Kratzer und Rost zu finden und ein leichter Modergeruch haftet ihr an.
  • Das Bild, das den achten Gegenstand kennzeichnet, sieht aus wie eine altertümliche Standharfe. Und wirklich, in der Nische steht ein Instrument von klassischer Schönheit, wie es seit Menschengedenken in Aventurien nicht mehr hergestellt wird. Das dunkle Holz glänzt mit einem seidigen Schimmer, und an den stählernen Saiten ist kein stumpfer Fleck. Die Helden trauen ihren Augen kaum. Vor ihnen steht doch tatsächlich die Harfe der Zwölf Winde des Lichtelfen Dagal, die sie in Borbarads Schatzkammer in der Schwarzen Feste gesehen haben.
  • Die neunte Nische bezeichnet ein Reliefstein mit der Abbildung eines Schenkelknochens, der auf seiner Länge von mehreren Löchern gekennzeichnet ist. Die Nische selbst ist jedoch leer.
  • Die Steindarstellung am Boden vor der zehnten Nische sieht aus wie ein Topf, über dessen Öffnung dünnes Leder gespannt ist. In der Nische selbst steht eine Holztruhe.
  • Das im Boden eingelassene Zeichen, und die in der elften Nische liegende zusammengerollte Strickleiter, lassen vermuten, daß es hier einen Abstieg gibt. Aber wo ist er? An der Rückwand der Nische, zwei Handbreit über dem Boden und drei Handbreit voneinander entfernt, sind zwei eiserne Haken eingemauert.